Kingdom Hearts – Mit dem Herzen sollst du sehen

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(Vom 18.06.2011) Kingdom Hearts — wer kennt es nicht? Das Abenteuer von Sora, Donald und Goofy in Kombination mit Charakteren aus der Welt von Final Fantasy und Disney ist seit der Entstehung im Jahre 2001 zu einer populären Eigenserie geworden. Selbst die Ableger für PSP und NDS waren wochenlang in den Verkaufscharts zu finden. Natürlich musste die Serie dafür erst einmal einen grundlegenden Erfolg haben, welchen ich jetzt versuchen werde darzustellen. Denn die Faszination Kingdom Hearts traf auch mich. Wenn nicht wirklich früh, aber sie traf mich mit all ihrer Wucht und Begeisterung. Bis heute bin ich eingefleischter Fan der Reihe und nun wurde mir bewusst, dass ein Review zu diesem Spiel eigentlich überfällig ist. Ich werde mich in diesem Test zwar hauptsächlich auf den ersten Teil der Reihe beziehen, allerdings auch ein bisschen etwas über die anderen Teile erzählen, wobei sich keiner von euch Gedanken machen muss, gespoilert zu werden. Nun denn, lasset uns beginnen.

Erinnerungen an die Kindheit

Kingdom Hearts selbst wird oft als Kinderspiel abgestempelt, was man aus rein objektiver Sicht verstehen kann. Wie soll man auch eine Geschichte ernst nehmen, in der Goofy ein Hauptmann und Donald ein Hofmagier ist? Das mag alles sehr naiv wirken, ist allerdings in Wirklichkeit nichts anderes als eine in Personen gefasste Hommage an die Kindheit. Jeder kennt die Figuren, egal ob alt oder jung, und man weiß, wie sie sich verhalten. So kann man sich besser auf die Charaktere aus den Disney-Welten einlassen, da man sie zum einen schon kennt, zum anderen aber der inhaltliche Kontext neu ausgerichtet wurde. In einer gewissen Weise ist es bizarr, das man zuerst auf so viel Unbekanntes trifft, im Anschluss aber sich ganz heimisch fühlt. Man kann die Geschichte von Kingdom Hearts rein theoretisch komplett von den Disney-Welten trennen. Hätte man im Entwicklungsprozess anstatt Disney-Figuren Charaktere aus Final Fantasy genommen sowie den Protagonisten älter gemacht, wäre Kingdom Hearts wohl um einiges erwachsener ausgefallen. Doch nun zur Story, wie sie am Ende wirklich geworden ist.

Beginn der Geschichte

Man spielt den 12-jährigen Jungen Sora, welcher friedlich auf einer Insel lebt und ein unbeschwertes Leben genießt. Eines Tages will er mit seinen beiden Freunden Riku und Kairi, die gleichzeitig auch die wichtigen Schlüsselfiguren des Spiels bilden, mit einem Floß zu neuen Abenteuern aufbrechen.

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Alles beginnt auf der Insel des Schicksals

Nachdem allerdings ein Sturm ihre Pläne von der großen Erkundungsreise unterbricht, tauchen merkwürdige Kreaturen auf, denen Sora mit seinem Holzschwert nicht ein Haar krümmen kann. Es kommt zu einem Gespräch mit Riku und anschließend bekommt man die Waffe des Protagonisten: Das Schlüsselschwert. Dieses kann im späteren Spielverlauf mit verschiedenen Anhängern geändert werden, was die Effektivität, Stärke und das Aussehen der Waffe beeinflusst. Mit diesem Schwert kann er die bizarren Wesen, die Herzlosen, besiegen. Nach ein Paar weiteren Kämpfen mit den neuen Feinden beginnt Sora seine große Reise – allerdings ohne Riku und Kairi.

Lahme Schiffe, flotte Synchro

Sora landet in der Stadt Traverse, in welcher die Herzlosen ebenfalls ihr Unwesen treiben. Dort trifft er mehr oder weniger zufällig auf seine beiden neuen Freunde, Donald und Goofy, die auf der Suche nach ihrem König mehr oder weniger zufällig auf Sora treffen, welcher gleichzeitig der sogenannte „Auserwählte“ ist. Dadurch wird auch das Gameplay beeinflusst: Ihr könnt eure Kumpanen zwar nicht direkt kontrollieren, allerdings könnt ihr ihnen sagen, wie sie sich verhalten sollen, welche Fähigkeiten sie haben und was für eine Ausrüstung sie tragen.

Donald und Goofy kommen aber nicht alleine, sondern haben noch ihr sogenanntes „Gumi-Schiff“ mitgebracht, mit dem man zwischen den Welten reisen kann. Aber das ist einer der weniger spaßigen Teile des Spiels. Die Reisen mit dem Gumi-Schiff sind sehr eintönig und man hat auch nur einen begrenzten Bewegungsradius, während man versucht, sich gegen die anderen Schiffe der Herzlosen mit Geschossen zu verteidigen. Squaresoft scheint das in der Entwicklung anscheinend auch selbst bemerkt zu haben, woraufhin ihr im weiteren Spielverlauf ein Tool bekommt, mit dem ihr euch einfach zu bekannten Welten „warpen“ könnt. Ich persönlich habe mich die nur gewarpt. Es erspart nicht nur Zeit, sondern manchmal auch Nerven.

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Die Odyssee mit dem Gummi-Schiff

Nun eröffnet sich durch eure neue Bewegungsmöglichkeit nach und nach der echte Umfang von Kingdom Hearts. Ihr reist durch verschieden Welten, unter anderem Alice im Wunderland, Tarzan, Herkules, Peter Pan und Aladdin um ein Paar zu nennen. Jede Welt hält sich an die Originalvorgabe und fängt den Geist des jeweiligen Films sehr gut ein. Dazu gibt es noch viele Originalstimmen aus etlichen Disney-Filmen, welche die Atmosphäre weiter verstärken Die deutsche Synchronisation kann man sehr loben, ich persönlich empfinde sogar, dass Kingdom Hearts bzw. Kingdom Hearts 2 unfassbar gut synchronisiert worden ist.  Dadurch werden die Charaktere um einiges sympathischer und lebendiger, was auch den persönlichen Eindruck positiv stimmt.

Vom Wunderland bis zum Ende der Welt

In den Welten selbst spielt sich eigentlich nichts ab, was Kenner der Filme nicht erwarten würden: Die Herzkönigin verlangt, dass Alice ihren Kopf verliert, Dschafar will Jasmin als seiner Frau und Clayton jagt die Affen des Urwaldes. Der einzige Unterschied dabei ist, das ihr euch in Form von Sora, Donald und Goofy in die verschiedenen Filme einmischt und die Handlung mit beeinflusst. Der Soundtrack von Yoko Shimomura fängt den Geist  der verschiedenen Filme sehr gut ein und macht ihn auch in Spielform spürbar. Aber, so schön die Welten auch nachgebaut und mit vielen Details verschönert worden sind, wirkt das Spiel sehr blass und etwas farbarm, als hätte man eine graue Folie über den Bildschirm geklebt. Die Welten in sich selber können einerseits ziemlich unoriginell sein, wie z.B. bei Tarzan, wo alles nur aus Dschungel und eventuell mal ein paar Felsklippen und einem Wasserfall besteht, andererseits können sie aber auch innerhalb der eigenen Welt wundersam weit auseinander liegen. So kann der Anfang der Welt im Meer liegen, das Ende dagegen in einer Parallelwelt.

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Wohin der Weg wohl führen mag?

Das Design der Welten erinnert in vielen Bezügen an das von Final Fantasy allerdings ist es wirklich Etappenweise eingeordnet. Es gibt eine bestimmte Anzahl an Welten und das war es dann auch. Rein vom Spielumfang kann man auf dem normalen Schwierigkeitsgrad mit ca. 45 bis 60 Stunden rechnen, bis man den Abspann über den Bildschirm flackern sieht. Der Anstieg des Schwierigkeitsgrades ist im Laufe der Story recht gleichmäßig, wenn da nicht ein paar unausgeglichene Gegner wären, um die man kaum herumkommt oder welche, die einem mit nur einem Angriff die halbe Lebensleiste abziehen. Im Bezug dessen schlagen wir den Bogen zum nächsten Thema: Das Kampfsystem.

Das war das Schlüsselschwert!

Wie bereits oben erwähnt kann man rollenspieltypisch seine Ausrüstung und aktivierten Fähigkeiten im Menü bestimmen. Außerhalb des Menüs fällt eigentlich der größte Unterschied zum großen Bruder Final Fantasy auf: Es gibt keine rundenbasierten Kämpfe und auch keinen extra Kampfbildschirm. Bei den Gefechten handelt es sich um actionbasierte Echtzeitkämpfe, die manchmal durch blöde Kameraeinstellungen gestört werden können, wobei man diese mit den beiden hinteren Tasten R2/L2 ändern kann.

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Hilfreiche Beschwörungen sind Teil des Kampfsystems

Mit dem Steuerkreuz wählt man aus einer Art weiterem Mini-Menü aus, welche Aktion man selbst bzw. Sora einsetzen möchte. Insgesamt gibt es vier Aktionen: Angriff, Magie, Item und „?“. Letzteres steht für spezielle Ereignisse wie z.B. das Öffnen von Kisten oder Speichern. Bei Magie und Items lässt sich ein weiteres Fenster öffnen, in dem man ein Item auswählen kann, welches man vorher im Menü zugeordnet hat. Dies kann manchmal ganz schön nervig sein, da man sich schlecht auf einen Kampf und auf das auswählen eines Items oder eines Zaubers gleichzeitig konzentrieren kann. Hier gibt es allerdings wieder eine kleine Erleichterung, nämlich Short-Cuts, welche man ebenfalls vorher im Menü zugeordnet hat. Wenn man die L1-Taste hält, gelangt man direkt in ein weiteres Mini-Menü, wobei hier allerdings schon ein Druck auf die Dreieck-, Kreis- oder Viereck-Taste genügt, um ein Item oder Magie zu benutzen.

Insgesamt funktioniert das Kampfsystem gut und macht auch über die gesamte Spiellänge Spaß, allerdings wirkt es noch nicht ganz „rund“. Immer wieder kommt es einem vor, dass man hier und da noch ein paar Verbesserungen hätte machen können. Es funktioniert einfach nicht wirklich flüssig aber es reicht aus.

Story mit Dramatik trotz Disney-Figuren

Die Story, die sich über den gesamten Spielverlauf erstreckt, zieht einen immer in ihren Bann und wird relativ geheimnisvoll erzählt. Man bekommt genug Infos, dass man am Ball bleibt, aber nicht so viele, als dass man direkt weiß, wie die Story ausgeht. Im Endeffekt kann man während des Spielens immer wieder um die Geschichte spekulieren, wie beispielsweise über Soras Suche nach Kairi und Riku, über den Aufbruch in fremde Welten und vor allem, was es mit den Herzlosen auf sich hat. Deshalb macht die Story für mich persönlich auch den größten Pluspunkt aus. Man mag es kaum glauben aber zwischen dem Hundertmorgenwald und dem Nimmerland lässt sich doch tatsächlich eine recht ernste und teilweise auch sehr traurige Geschichte aufbauen, die einen komplett in ihren Bann zieht, wenn man sich mit dem Disney-Aspekt arrangieren kann. Es ist schon erstaunlich, dass man nur durch gute Synchronisation und Dialoge Emotionen so trefflich herüberbringen kann.

Wichtige Nebenfiguren: Leon und Yuffie

Wichtige Nebenfiguren: Leon und Yuffie

Man bedenke dabei auch immer: Der Titel ist bereits 10 Jahre alt und das sieht man ihm auch an, denn er ist technisch nicht mehr wirklich top. Allerdings wurden viele dieser Mängel im zweiten Anlauf mit Kingdom Hearts 2 beseitigt und das gesamte Spiel um vieles verbessert. Das Kampfsystem ist dynamischer gestaltet, die Welten sind voller Farbe, man hat noch mehr Umfang mit Herausforderungen, die man teilweise für unmöglich hält, zudem gibt es viele Minispiele und allgemein ist der Umfang größer. Aber hier geht es um Kingdom Hearts und nicht um seine Fortsetzungen.

Wenn wir schon bei Minispielen sind, hier hat auch schon der erste Teil einiges zu bieten. Die Minispiele sind recht spaßig und wirken auch in keinster Weise „aufgezwungen“. So beginnt z.B. die Welt von Tarzan mit einer kleinen Rutschpartie und der Hundertmorgenwald besteht nur aus einer einzigen Minispielsammlung. Hier kann man Pooh weit von seiner Schaukel springen lassen, oder ein paar Möhren von Rabbit beschützen, wobei dieser Teil des Spiels der kindischste Aspekt ist, der jedoch nicht nervig herüber kommt. Noch zu erwähnen wäre, die gesamte Minispielsammlung ist (abgesehen von dem ersten Minispiel) komplett freiwillig. Wer also keine Lust auf Minispiele hat, kann ohne Bedenken mit der Hauptstory weitermachen.

Fazit

Kingdom Hearts ist kein normales Spiel, nicht nur wegen seiner Idee mit den Disney-Charakteren. Aufgrund seiner Story, seines Gameplays und der Komplexität ist es schon lange kein Kinderspiel mehr. Wenn ihr aber Disney nicht mögt oder die Idee, Final Fantasy Charaktere mit denen von Disney zu vermischen, blöd findet, werdet ihr mit Kingdom Hearts nicht glücklich werden. Man muss komplett ohne Vorurteile an das Spiel heran gehen und alles vergessen, was man je über Final Fantasy oder Disney-Filme gewusst hat. Wenn ihr Kingdom Hearts als etwas Eigenständiges seht und nicht wie irgendeine erzwungene „Spielemischmaschproduktion“, dann könnt ihr mit dem Spiel sehr glücklich werden. Allen anderen rate ich, sich lieber den Nachfolger Kingdom Hearts 2 auszuleihen und zu schauen, ob euch die Spielmechanik zusagt. Es ist jedenfalls einen Blick wert, allein wegen der neuartig interessanten Erfahrung. Allerdings kann ich persönlich nicht beurteilen, ob sich beim bloßen Antesten der komplette Spaß von Kingdom Hearts entfalten lässt.