Ich hatte hier zu bleiben.
Ich konnte nicht hier bleiben.
Ich hatte weiterhin hier zu bleiben.
Ich konnte nicht weiterhin hier bleiben.
Alles nur dir zuliebe, Schwester.
Ich hatte hier zu bleiben.
In diesem Turm, in diesem einen Raum. Das einzige, was meine Augen sahen, waren Steinwände und eine Eisentür. Es gab ein Fenster, das sich an einem zu hohen Ort für mich befand. Ein kleiner Schlafplatz und ein kleiner Stuhl. Das Zimmer betrug von Wand zu Wand 13 Schritte.
In einem Turm, in dem ich nicht die Farbe des Himmels sehen konnte. Das war meine Welt.
Von diesem Ort wusste nur meine große Schwester. Sonst wusste es niemand auf der Welt. Und nur meine Schwester betrat auch dieses Zimmer. Daher hatte ich mit keinem Menschen außer meiner Schwester je gesprochen.
Die einzigen, mit denen ich mich je unterhalten habe, waren meine Schwester und der Drache Gabriella. Obwohl Gabriella immer nur zu meiner Schwester sprach. Gabriella hatte ein böses Mundwerk und sie war etwas gemein zu mir. Aber ich hasste sie nicht dafür, denn meine Schwester liebte diesen Drachen.
Manchmal ritten meine Schwester und ich auf Gabriellas Rücken und flogen am Himmel. Um an den Schlachten der Länder teilzunehmen. Ja, zu jener Zeit war die Welt noch in Aufruhr und meine Schwester hatte viele Feinde zu bekämpfen. Ich habe ihr dabei geholfen. Inwieweit ich ihr damit behilflich sein konnte, weiß ich jedoch nicht.
Darüber hinaus musste ich stärker werden, so sehr, um Zero töten zu können. Falls meine Schwester gegen Zero verlöre, musste ich Zero an ihrer Stelle zur Strecke bringen.
„Es wird alles gut. Du kannst es schaffen.“
Das sagte meine Schwester mir, um mich zu beruhigen, jedoch dachte sie nicht an den gravierenden Punkt bei der Angelegenheit.
Wenn meine Zeit Zero zu töten gekommen war, bedeutete es, dass Zero zuvor meine Schwester getötet hatte, oder? Das wollte ich nicht! Ich wollte nicht, dass meine Schwester getötet wird.
Wenn du verschwändest, Schwester, wer käme dann an diesen Ort?
Mit wem sollte ich mich unterhalten? Ohne dich, Schwester, was sollte ich… …
Ich machte stets ein betrübtes Gesicht, und das nicht nur, weil ich das Kämpfen nicht leiden konnte. Ich wollte das aus einem Drachenfangzahn gefertigte Schwert nicht führen. Es wäre so schön, wenn „Jener Tag“ niemals käme.
Ich wollte fortwährend in diesem engen Zimmer bleiben. Du, Schwester, mögest kommen und mich sanft in deine Arme schließen. Auf ewig.
Das war mein Wunsch. Jedoch… …
Ich konnte nicht hier bleiben.
Letztendlich ereilte uns „jener Tag“.
Als du kamst, Schwester, um mich zu holen, hattest du diesen ernsten Gesichtsausdruck. Daher verstand ich sofort. Denn nun würden meine Schwester und Zero sich gegenseitig zu töten versuchen.
„Es wird alles gut! Wenn ich so vorgehe, wie du es mir gesagt hast, werde ich es schaffen.“
Als ich dies sagte, sahst du ziemlich überrascht aus, Schwester! Als wolltest du ausdrücken: „Obwohl ich noch nichts gesagt habe, woher weißt du…?“ Ich wusste es eben, du brauchtest es mir nicht einmal mitzuteilen. Soviel war ich mir sicher.
Ich war zwar nicht so klug wie du, Schwester, daher verstand ich komplizierte Gedankengänge nicht, aber ich wusste, was du fühltest. Ob Trauer, Freude oder Wut. Glücklichsein oder Einsamkeit. Solange ich nur in deiner Nähe war. Schließlich waren wir Zwillinge.
Ja, ich wusste es. Selbst wenn du Zero bezwängest, könnte ich dich kein zweites Mal wiedersehen. Du hattest vor, ebenfalls zu sterben, nicht wahr, Schwester?
Und weil ich es wusste, versuchte ich nur dieses eine Mal dich aufzuhalten. Ich zeigte mich trotzig und schrie weinend, ich wolle nicht gehen.
„Mach’ dir keine Sorgen. Ich werde nicht verlieren.“
Du machtest ein etwas besorgtes Gesicht. Aber ich wollte nicht, dass du wegen mir besorgt warst. Ich wünschte nur, du würdest verstehen, dass mir bewusst war, dass wir uns kein weiteres Mal sehen konnten, dass es das letzte Mal war.
Ich verstand dies alles, daher sei beruhigt. Ich wusste viel mehr über dich, als du dachtest, Schwester.
Somit wurdest du von Zero getötet. Und ich handelte wie mir befohlen und tötete Zero. Die letzte Utahime war von dieser Welt verschwunden.
Jedoch hattest du mich nie gelehrt, Schwester, was danach käme. Was sollte ich tun? Wohin sollte ich gehen?
Weil mein Kopf voll mit Gedanken an deinen Tod und an das Muss, Zero zu töten, gewesen war, hatte ich nie darüber nachgedacht, was anschließend sein würde. Ich wünschte, ich hätte dich danach gefragt, aber es war zu spät. Du warst tot, Schwester, ich würde deine Antwort nie erfahren.
Mit Zweifel erfüllt, sprang mir das buntgefärbte Glas der Kathedrale ins Auge. Obwohl es in Scherben zerteilt war, glitzerte es in wunderschönem Licht.
Genau, ich würde dir zuliebe eine Kirche aufbauen, Schwester! Eine neue Kirche, die dich lobpreiste!
Damals dachte ich, es sei ein wundervoller Einfall. Für dich, Schwester. Nur für dich. Ich wollte diesen Gedanken aus der Kathedrale hinaustragen, jedoch war die Welt draußen viel zu groß, und eine Welt ohne dich viel zu einsam, ganz allein sogar viel zu furchteinflößend.
Ich rannte. Dorthin zurücklaufend, in das Zimmer, in dem ich mich sicher und wohl fühlte und ich nichts tun musste.
Ich hatte weiterhin hier zu bleiben.
Niemand wusste von diesem Zimmer. Ich war deine „letzte Trumpfkarte“, daher hatte niemand von meiner Existenz wissen dürfen. Ich glaube, wahrscheinlich hattest du nicht einmal deinen anderen Schwestern von mir erzählt.
Die Tür zu diesem Zimmer konnte man von außen nicht sehen. Du hattest sie mit einem Siegel belegt. Selbst wenn sie jemand durch Zufall öffnete, ein Zauberspruch würde das Eintreten verhindern. Daher wusste niemand, dass sich an diesem Ort ein Zimmer befand.
Für dieses Zimmer gab es keinen Schlüssel. Nicht, weil du vorhattest, mich wegzusperren. Vielmehr, weil ich nicht ein einziges Mal allein nach draußen gegangen war und auch niemals daran gedacht hatte. Ich würde diesen Ort nur verlassen, wenn du kämest, um mich zu holen.
Doch du kamst nicht wieder, um mich zu holen, Schwester. Als ich hierher zurückgekehrt war, zertrümmerte ich sogleich danach die Tür, sodass ich sie nie mehr öffnen konnte. Ich verwüstete das Innere, nur, damit ich niemals mehr hinaus gehen konnte.
In der Welt außerhalb konnte ich absolut nichts bewirken. Selbst wenn ich dir eine Hilfe gewesen war, Schwester, wäre ich nicht in der Lage, irgendetwas alleine zu schaffen. Abgesehen davon, Zero zu töten.
Daher wartete ich auf dich, Schwester. Wartete darauf, dass du mich holen kommen würdest, und vertrieb mir die Zeit damit, Bücher zu lesen und mit dem Schwert zu trainieren. Das war mein Tagesablauf in diesem Zimmer.
Hattest du geglaubt, wenn jemand wie ich allein in die Welt hinausginge, könnte er überleben? Hattest du das wirklich geglaubt, Schwester?
Daher war ich zurückgekommen. Hier musste ich nichts tun. Es gab keinen besseren Ort für so jemanden wie mich, als diesen hier… …
Doch wie lange ich auch gewartet habe, du kamst nicht wieder, Schwester. Ich würde dir niemals mehr begegnen. Niemals. Aber ich wollte dich treffen. Ich wollte dich treffen, Schwester. Dich treffen. Dich treffen. Dich treffen. Dich treffen… …
Aah, ich verstand. Obwohl ich dich nicht wirklich treffen konnte, konnte ich trotz allem deine Gestalt sehen. Denn du hattest mich aus dir erschaffen. Wir besaßen die gleiche Gestalt, das gleiche Gesicht. Wenn ich deine Kleidung tragen würde und in den Spiegel sähe… …
Schau an, was für eine Ähnlichkeit! Es war, als stündest du direkt vor mir.
Schwester, ich wollte dich treffen… …
„Ich wollte dich auch treffen.“
Wir sahen uns so ähnlich, es war, als stündest du vor meinen Augen. Streckte ich meine Hand aus, schien es, als könnte ich dich erreichen.
Doch das einzige, was meine Fingerspitzen berührten, war die kalte Oberfläche des Spiegels. Du befandest dich jenseits dieser Grenzlinie, Schwester. Warum konnte ich nicht dorthin zu dir gehen? Warum war ich hier?
Warum bin ich allein? Warum hast du mich zurückgelassen, Schwester?
Nein, das stimmte nicht. Du hattest nicht vor, mich zurückzulassen. In Wirklichkeit hattest du geplant, mich mit dir zunehmen.
Du hattest Zero zu töten, Schwester. Und nach Zeros Ermordung hattest auch du zu sterben. Denn die Utautai waren das Saatbeet der Blume, die die Welt zerstören würde. Und diese weltzerstörende Blume musste ausgerottet werden.
Aber die Blume würde versuchen zu entkommen. Sie wollte nicht ausgemerzt werden. Daher war Zero gescheitert. Um nicht den gleichen Fehler wie Zero zu begehen, hattest du dir einen Trumpf zurechtgelegt, um sicherzustellen, die Letzte zu sein, die stirbt.
Dieser Trumpf war ich. In diesem Zimmer hattest du mich darauf trainiert, Zero zu vernichten, Schwester. Du maltest die Umrisse eines Menschen an die Wand, markiertest die Stelle, an der sich das Herz befände mit einem X und ich übte mich darin, mit meinem Schwert genau dorthin zu treffen. Zweifellos durfte ich nicht versagen, Zeros Herz mit einem Hieb zu durchstoßen.
An der Stelle des X hattest du sogar eine kleine Öffnung eingelassen, sodass es sich mit dem Schwert so anfühlte, als durchstäche man eine echte Person.
Wie du mich angewiesen hattest, Schwester, übte ich mit dem Schwert zuzustechen ̶ geschwind, präzise, immer und immer wieder.
Aber das war nicht nur eine Übung, um ausschließlich Zero zu töten, nicht wahr? Es war auch eine Übung, um dich zu töten, Schwester, richtig?
Denn, falls du überlebt hättest, hätte dich die Blume nicht sterben lassen. Du hättest folglich auf der anderen Seite gestanden, wie jene Umrisse an der Wand, ist es nicht so? Und ich hätte, wie mir befohlen worden, mit dem Schwert zugestochen… …wie ich es immer geübt hatte. All das Training… …es diente dazu, dich mit Sicherheit töten zu können, Schwester.
Wenn ich dich mit meinen eigenen Händen hätte umbringen müssen, hätte ich nicht weiterleben können. Umgehend hätte ich das Schwert gegen mich selbst gerichtet. Da es du warst, Schwester, die mich aus dir geschaffen hatte, war die Macht der Blume viel stärker bei dir als bei mir, was bedeutete, dass ich wahrscheinlich sterben konnte. Und mit meinem Tod verbliebe niemand mehr, der unter dem Einfluss der Blume stünde.
Ja, es war nie deine Intention, dass ich alleine zurückblieb. Du glaubtest fest daran, dass ich dir folgen würde. Du hattest mich nie gelehrt, was nach Zeros Tod das Beste zu tun wäre, weil es nicht nötig gewesen war.
Ich war derjenige, der dich betrogen hatte. Ich war derjenige, der falsch lag.
Nach Zeros Tod hätte ich dir an jenen Ort folgen sollen, Schwester. Schließlich führte ich zu dieser Zeit die Waffe, die eine Utautai vernichten konnte. Ich war zwar keine echte Utautai, aber ein gewöhnliches Schwert konnte auch mich nicht töten.
Ja, genau das wollte ich versuchen! Es war das Erste, was ich hätte tun sollen, als ich hierher zurückgekehrt war. Doch mir stand nur ein normales Schwert zur Verfügung, da ich das Schwert, das Zero tötete, leider in der Kathedrale zurückgelassen hatte.
Ich war solch ein Idiot! Nach meiner Rückkehr hatte ich die Tür völlig zerstört, sie zu öffnen war unmöglich geworden. Daher konnte ich auch nicht gehen, um mir das Schwert zu holen. Und hier gab es keine Waffen, die mich zu töten imstande waren.
Ich musste wohl für immer hierbleiben, ohne etwas tun zu können. In der Sicherheit dieses gut geschützten Raumes konnte ich absolut nichts machen.
Und das nur, weil ich es missverstanden hatte. Es war alles nur mein Fehler.
Schwester, schimpf mit mir! Schimpf mich bösen Jungen aus. Ich bin ein böser Junge! Komm hierher und schimpf mit mir!
Warum sagst du nichts, obwohl du doch da bist? Warum schimpfst du mich nicht aus?
Doch du, die du im Spiegel warst, Schwester, wolltest überhaupt nicht mit mir schimpfen. Stattdessen sahst du mich mit einem Gesicht an, das den Tränen nahe war.
Ich kannte diesen Gesichtsausdruck, erinnerte mich an ihn. Du hattest diesen Ausdruck immer, wenn wir einander in den Armen lagen.*1
Es war mir ein Rätsel. Warum machtest du dieses Gesicht? Ich empfand dabei ein so schönes Gefühl, warum empfandest du es so schlecht? Warum? Obwohl wir das gleiche taten, warum machtest du ein Gesicht, als warst du kurz davor zu weinen?
„Weil es Falsch ist“, hattest du gesagt. „Bruder und Schwester dürfen so etwas nicht tun. Und obwohl mir das bewusst ist, kann ich nicht aufhören.“ Du schienst so ernst und schmerzerfüllt.
Ich verstand es nicht. Es war in Ordnung, es mit einem anderen Menschen zu tun, aber verboten zwischen Bruder und Schwester? Mir erschien es mit jemand anderem viel schlimmer.
Daraufhin wirkte dein Ausdruck noch besorgter, als du plötzlich überraschenderweise ein freundliches Gesicht auflegtest und sagtest:
„Du hast Recht. Du bist gut so, wie du bist.”
Aah, das ist genau der Ausdruck, den du zu jener Zeit getragen hast, Schwester.
„Wirklich?”
Ja. Die Eigenart, wie du leicht deine Augenbrauen zusammenziehst. Schwester, hast du das je bemerkt?
„Nein, das wusste ich nicht.”
Offensichtlich nicht. Schließlich habe ich es dich nie wissen lassen.
„Warum nicht?“
So, genau so. Die Weise, wie du deinen Kopf neigtest. Genau das tatest du, wenn du dich etwas fragtest. Ich liebte es, daher wollte ich es einzig und allein für mich behalten.
Ja, Schwester, ich kenne dich besser, als du dich selbst. Du siehst dich selbst nicht, wenn ein Lächeln dein Gesicht ziert, aber ich kann es sehen. Jeder einzelne deiner Gesichtsausdrücke ist mir vertraut, auch die noch so kleine Eigenart, von der du selbst nichts weißt.
Das betrifft nicht nur dein Gesicht. Ich kenne alles an dir, bis hin zum kleinsten Winkel deines Körpers. Kenne deine Stimmlage, deinen Gesichtsausdruck, deine Atmung, wo auch immer ich dich berühre… …
„Ni-nicht… …”
Etwas verlegen wandtest du deinen Blick ab, schütteltest den Kopf wie ich, wenn ich trotzig war. Du sahst in jenem Moment so süß aus, Schwester.
Hehe. Niemand außer mir weiß davon, stimmt’s? Nur ich weiß es. Du, die du nur die meine bist, Schwester. Ja, mach’ dieses Gesicht… …!
Warum sollte ich dir nicht noch einmal begegnen können? Schließlich waren wir Zwillinge. So einfach war das.
„Ich werde nirgendwo hin gehen.“
Richtig. Wir hatten einander ein Versprechen gegeben. Irgendwann, als ich einmal aus einem furchterregenden Traum erwacht war und geweint hatte. Eigentlich hattest du fortgehen wollen, während ich schlief, und warst bereits zurecht gemacht. Aber in jener Nacht warst du die ganze Zeit hier geblieben und hattest bis zum Morgen meine Hand gehalten.
„Ich bin bei dir, kleiner Bruder.“
Wirklich? Du wirst nirgendwo mehr hingehen? Wir bleiben zusammen?
„Ja. Wir bleiben für immer zusammen.“
Ja, das blieben wir. Hier gab es keine Waffe, die mich töten konnte. Ich würde nicht sterben. Daher würdest auch du nicht sterben, Schwester.
Ich begriff. Dass ich nicht gestorben bin, war gar nicht falsch. War ich am Leben, warst du es auch. Und es gab für mich nichts schlimmeres, als deinen Tod. Um dich zurückzubringen, wäre es für mich in Ordnung, wenn ein anderer auf der Welt sterben würde. Es würde mich nicht einmal kümmern, wenn die ganze Welt zugrunde ginge.
Ich liege nicht falsch, oder? Ich bin kein böser Junge, richtig?
„Richtig. Du bist ein guter Junge.“
Hör doch, Schwester! Ich habe beschlossen, dir zu Ehren eine neue Kirche zu erbauen! Dir zu Ehren und… …oh, ich darf Gabriella nicht vergessen. Denn du hast Gabriella geliebt, nicht wahr?
„Auch für Gabriella. Selbst nachdem Gabriella zu Gabriel geworden ist, habe ich das Mädchen immer lieb gehabt.“
Verstehe. Ich möchte es in die Tat umsetzen, eine Kirche zu errichten, die dich, Schwester, und den Engel Gabriel huldigt.
„Lass es mich im Detail hören.”
In Ordnung. Also, wegen Zero wurde ja die Kirchenhauptstadt zerstört. Daher sollten wir sie unverzüglich wieder aufbauen! Von Grund auf neu beginnen! Darüber hinaus werden wir die neue Kirche errichten und Anhänger gewinnen.
Oh, und ich habe mir ein Symbol überlegt, das dich und mich repräsentieren soll. Wie findest du es?
„Ich denke, es passt gut.”
Ja, nicht wahr? Unsere beiden Wangen liegen perfekt beieinander, verschmelzen von zwei Personen zu einer. Genau so, als wäre eine Spiegelebene zwischen uns platziert.
„Aus dieser Perspektive betrachtet sieht es aus, als besäßen wir ein drittes Auge.“
Das stimmt. In Wahrheit wünsche ich, wir würden noch viel, viel, viel mehr eins werden. Wenn nur diese Spiegelgrenze verschwände, wenn sie komplett wegschmölze. Es wäre so schön, wären wir niemals mehr voneinander getrennt. Wir würden aufhören, zwei Personen zu sein, und zu einer werden… …
Aah, jedoch… …
Ich konnte nicht weiterhin hier bleiben.
Das Zimmer, von dem niemand gewusst hatte, wurde schließlich entdeckt. Als ich die Tür vollkommen zertrümmert hatte, war dein magisches Siegel dabei zu Bruch gegangen, Schwester. Und eine zertrümmerte Tür, die sich nicht öffnen ließ, zog das Interesse eines jeden auf sich. Um eintreten zu können, wurde sie gänzlich niedergerissen. Und um ins Innere zu spähen, wurde in der Wand ein Loch eröffnet.
„Lady One! Ihr ward also hier, an diesem Ort… …!?“
Ich kannte die Menschen nicht, die auf der anderen Seite der eingeschlagenen Wand standen. Wahrscheinlich waren es Personen, die eine Verbindung zur Kirche aufwiesen. Schließlich hatten sie Zutritt zum Turm.
„Ein Glück, Ihr seid unversehrt… …“
Jeder Anwesende weinte mit lauter Stimme. Daher antworte mein Ich… …nein, dein Ich*2:
„Verzeiht, dass ich euch Sorgen bereitet habe. Es ist alles in Ordnung. Meine Wunden sind geheilt.“
Denn du würdest immer bei mir sein, Schwester. Denn du und ich, wir waren eins.
„Lasst uns gehen, ja?“
Daher verließen mein Ich und du, meine Schwester, sowie dein Ich und ich, dein Bruder, diesen Ort, um hinaus in die Welt außerhalb von hier zu gehen.
„Ich gedenke, eine neue Kirche zu erbauen.“
„Was soll es für eine neue Kirche werden, Lady One?“
Ja, eine neue Kirche mit dir und mir, mit uns als oberste Herrscher.
„Die Kirche der Engel.“*3
War das nicht ein schöner Name? Sicherlich zog er zahlreiche, treue Anhänger an. Eine Kirche, erschaffen, um die Utahime zu preisen. Und um die Engel zu preisen, die die Utahime beschworen hatten… …
Alles nur dir zuliebe, Schwester.
*1 Das Verb 抱き合う (dakiau) bedeutet „einander umarmen / umschlingen“, während 抱く (daku) allein zusätzlich „mit jemandem schlafen“ (umgangssprachlich) bedeuten kann. Der Satz ist als Anspielung darauf zu verstehen, obwohl es nicht explizit ausgesprochen wird.
*2 Bis zu diesem Zeitpunkt benutzt One (Bruder) das männliche Personalpronomen für Jungen 僕 (boku). Von da an benutzt er zusätzlich das geschlechtsneutralere 私 (watashi), das vornehmlich Frauen und auch One (Schwester) benutzen. Es dient der Verdeutlichung, dass One sich ab sofort als Bruder und Schwester in einem sieht.
*3 Die „Kirche der Engel“ (天使の教会) wurde in der englischen Lokalisation von Drakengard 1 „Cult of the Watchers“, in der deutschen Lokalisation der „Kult der Wächter“ genannt.