Geschichte des Lebensstroms

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~ Schwarzer Lebensstrom – Part 1 ~

Der Mann konnte spüren, wie der Lebensstrom versuchte, seinen Geist – die Erinnerungen seiner früheren Erlebnisse, Gedanken und Emotionen – auszulöschen. Wenn er eine Übernahme ins Gegenwärtige erlaubte, würde das Wesen, dass er einst war, bald verstreut sein und inmitten der spirituellen Energie, die um den Planeten kreist, verschwinden. Der Mann empfand dies als nicht hinnehmbar. Der Planet sollte seiner Herrschaft unterliegen, ein Teil dieses Systems zu werden wäre nichts Geringeres als eine Niederlage.

Der Mann spürte einen großen Kraftfluss im Lebensstrom. Ein Zeichen einer weiteren, anderen Niederlage. Als sich der Lebensstrom auf der Oberfläche des Planeten entlud, dachte der Mann, dass Cloud sich seines Sieges zweifelsohne sicher war. Cloud war derjenige, welcher den Mann zwei Mal in den Lebensstrom gesandt hatte. Der Mann wusste: Wenn jemand ein Kernstück seines Geistes bewahren könnte, so wäre er in der Lage, ein separates Dasein zu erhalten – unabhängig vom System des Planeten.

Cloud. Der Mann entschied, Cloud zu diesem Kernstück zu machen. Und dies wollte er Cloud wissen lassen.

Ich denke immer noch an dich. Und ich werde dir auch den Beweis dafür zeigen.“

~ Weißer Lebensstrom – Part 1 ~

Die Frau war vom alten Volk. Dies erklärte, wieso sie in der Lage war, ihre Individualität selbst im Lebensstrom beizubehalten. Wenn sie wollte, könnte sie jederzeit Teil des Planeten werden, jedoch dachte sie, dass es dafür jetzt noch zu früh sei.

Die Frau hatte eine andere Präsenz im Lebensstrom, der um den Planeten kreist, wahrgenommen. Es war die Vehemenz eines starken Willens, eines, welches niemals eins mit dem Planeten werden würde. Sie kannte dieses Bewusstsein. Es war der Mann, der ihr das Leben genommen hatte. Eine gnadenlose Seele, verborgen hinter einem prachtvollen Gewand. Diese Seele agierte nun aus dem Innern des Lebensstroms heraus. Die Frau spürte, dass er plante, sich auf der Oberfläche des Planeten geltend zu machen. Sie überlegte, was sie tun könnte.

Da es gefährlich für sie sein würde, mit ihm in Kontakt zu kommen, versuchte sich die Frau vom Bewusstsein des Mannes fern zu halten. Deshalb konnte sie nicht viel vom Plan des Mannes erfahren. Ein einziges Mal jedoch, als die Seele des Mannes plötzlich nahe ihr erschienen war, fand sie heraus, dass er die Erinnerungen an Cloud zum Kernstück seines Seins gemacht hatte.

Cloud war ihr Freund, ihr Liebster – ein Symbol für etwas, was ihr wichtig war und jemand, den es zu schützen galt.

~ Schwarzer Lebensstrom – Part 2 ~

Als sich der Lebensstrom auf der Oberfläche des Planeten entlud, hatte der Mann seine belanglosen Erinnerungen schon dem Planeten überlassen. Erinnerungen von der Zeit, als er ein Junge war, von seinen wenigen Freunden, von Kämpfen als er noch unerfahren war, von seinem Leben aus längst vergangenen Tagen – all dies wurde Teil der Überschwemmung, die Meteor umhüllte und letztendlich zurückwich. Zur selben Zeit bewegte sich der Kern seines Geistes und die damit tief verbundenen Erinnerungen von Strom zu Strom und reiste durch das Land, von Stadt zu Stadt. Als die Menschen, die zu entkommen versuchten oder jene, die außer Stande waren etwas zu tun und daher zurückblieben, von den Strömen umwoben wurden, beschloss er, sie mit seinem Stigma zurück zu lassen. Wenn Cloud dieses Stigma bemerkte, so war der Mann sich sicher, dass er niemals verschwinden würde.

„So lange sich Cloud an mich erinnert, kann ich weiterbestehen. Im Lebensstrom und auf der Oberfläche. Auch, wenn meine Seele verstreut ist und selbst, wenn nur eine fragmentarische Erinnerung um den Planeten strömt, am Ende kann ich auf Clouds Besinnung zählen, mich zurückzubringen.“, dachte der Mann.

~ Weißer Lebensstrom – Part 2 ~

Die Frau bemerkte, dass sich eine steigende Anzahl von Seelen innerhalb das Lebensstroms weigerte, von ihm absorbiert zu werden. Waren es doch ganz andere Seelen als die des Mannes, so lehnten sie den Lebensstrom aufgrund derselben Emotion ab. Hass. Ihre Gefühle gegenüber dem Planeten waren in Hass versunken, genau wie die des Mannes.

„Das ist das Ergebnis seines Einflusses, welcher die Oberfläche erreichte!“, dachte sie.

Die Frau zog näher zu den Seelen, die gerade den Lebensstrom betraten, – hasserfüllte Seelen – und versuchte, sie zu heilen. Unterhalb der feindseligen Fassade waren Erinnerungen verborgen. Erinnerungen von ihrem Leben als normale Menschen. Obwohl sie es selbst nicht mehr bemerkten, waren auch viele frohe Erinnerungen darunter. Die Frau setzte diese Gedanken frei und erlöste sie im Lebensstrom. Sobald der Kern ihrer Emotionen verloren war, verschwand die oberflächliche Feindseligkeit. Die Frau hatte eine Lösung gefunden, jedoch tauchten immer mehr in Bosheit versunkene Seelen auf und es war zu viel, als das sie dies verkraften konnte.

Sie eilte durch den Lebensstrom auf der Suche nach anderen Seelen, die ihr helfen könnten. Seelen vom Alten Volk, am Rande der Zerstreuung. Diese Bewusstseins-Fragmente sagten ihrem Vorhaben zu. Als sie Bewusstseins-Fragmente von Menschen, die sie einst kannte, fand – kläglich gering in der Anzahl – füllte sie sie mit ihren eigenen Erinnerungen an und ersuchte ihre Unterstützung. Sie hatte zwar nun mehr Seelen auf ihrer Seite, aber dennoch verringerte sich der durch den Mann geborene Hass nicht. Dann dachte sie an Cloud, der in seiner Realität auf der Oberfläche lebte. Um den im Lebensstrom verweilenden Hass zu mindern, würde sie den Hass beseitigen müssen, der in die reale Welt strömte. Die Frau fragte sich, ob Cloud ihr helfen könnte. Jedoch konnte das dazu führen, dass auch Cloud verletzt würde. Der Cloud, den sie kannte, hatte ein sehr zerbrechliches Herz.

~ Schwarzer Lebensstrom – Part 3 ~

Trotz der Turbulenzen, die der Mann auf der Oberfläche verursacht hatte, kehrte das Leben auf den Planeten wieder zur Normalität zurück. Der Mann bemerkte die steigende Anzahl der Seelen – man könnte sie „Die Dunkelheit des Herzens“ nennen – die mit dem Lebensstrom verschmolzen. Er schätzte die verweilende Dunkelheit. Und das um so mehr, als er bedachte, dass das Stigma, welches er auf der Oberfläche hinterlassen hatte, das war, was sie erschuf. Er dachte, dass es ihn möglicherweise amüsieren könnte. Den Lebensstrom mit Dunkelheit zu füllen.

Der Mann versteckte sich innerhalb des Lebens auf dem Planeten und reiste um die Welt, während er noch mehr Menschen mit seinem Stigma brandmarkte. Auf der Oberfläche gab es viele Menschen, die nicht länger ihrem normalen Leben nachgehen konnten und zur Verlockung des Mannes wuchsen die dunklen Anteile ihrer Herzen noch größer.

„Bald“, dachte sich der Mann.
„Ich will, dass Cloud weiß, dass dies mein Werk ist. Ich will, dass die ganze Menschheit weiß, dass es mein Werk ist.“

Dafür brauchte er einen Körper. Es gab Dinge, die er mit seiner eigenen Stimme sagen wollte. Dinge, die er mit seiner eigenen Hand zerschmettern wollte.

Er hatte entschieden, dass er Mutters Kraft benutzen würde.

„Mit einem Fragment von Mutters Körper kann auch ich wieder einen Körper erlangen.“, dachte der Mann.

Zuerst versuchte er sich nur als Seele auf der Oberfläche zu manifestieren, aber sein Versuch scheiterte. Er hatte die Erinnerungen seiner eigenen Erscheinung schon an den Planeten zurückgesandt, also war er nicht in der Lage, ein Abbild seiner Selbst zu erschaffen. So fand der Mann Erinnerungen einer geeigneten Erscheinung aus dem Lebensstrom und erschuf daraus ein Abbild. Es war die Gestalt eines Jungen. Bald schon erinnerte sich der Mann, dass das Dasein auf der Oberfläche ungleich eingeschränkter war, als die Freiheit, eine Seele zu sein. Er schuf zwei weitere Mittelsmänner, die seine Arbeit erledigen sollten. Diese drei waren eigenständige Wesen und zur selben Zeit er selbst. Diese drei, erschaffen von der Kraft des Mannes Willen und abgekoppelt vom System des Planeten, waren zugleich sowohl ein Teil der Realität als auch der Fantasie entsprungene Monster.

Der Mann dachte an die Zukunft.
„Da meine Diener nach Mutter suchen, kann ich, wenn sie jemanden treffen, der mich kennt, von dieser Seele lernen, wer ich einst war. Und mit Mutters weiterer Unterstützung kann ich vollkommen real werden. Selbst, wenn irgendetwas fehlen sollte, ist es egal. Cloud wird mich vervollständigen.“

− „Dies wird der Anfang sein“, dachte der Mann.

~ Weißer Lebensstrom – Part 3 ~

Die Frau überlegte sich Wege, Cloud von dem Notstand zu berichten. Als sie nachdachte, kamen all die Gefühle, die sie ihm nicht sagen konnte lebhaft wieder in ihr hoch. Es gab viele Dinge, die sie Cloud sagen wollte. Jedoch wusste sie nicht, was genau sie ihm sagen sollte oder wie sie es ihm sagen sollte. Es war lang her gewesen, seit sie sich Sorgen gemacht hatte. Am Ende entschied sich die Frau, Cloud erst einmal zu treffen und danach darüber nachzudenken, was zu tun sei.

Letztendlich fand die Frau heraus, dass der Mann, der Hass über die Welt brachte, versuchte, sich auf der Oberfläche zu manifestieren. Sie fragte sich, wie er das vor hatte. Mit all dem Mut, den sie aufbringen konnte, näherte sie sich der Seele des Mannes. Jedoch bemerkte er sie und jagte sie davon, brach die Jagd aber bald ab. Sie wusste, dass der Mann sie auslachte.

„Du kannst überhaupt nichts tun.“

Aber sie hatte mitbekommen, was er plante. Er wollte offensichtlich unabhängige Wesen als seine Diener benutzen. Die Frau fragte sich, ob sie dasselbe tun könnte. Doch sie überlegte es sich schnell anders.

„Selbst wenn es möglich wäre, würde ich Cloud nur so treffen wollen, wie er mich in Erinnerung hat.“

~ Ende der Geschichte des Lebensstroms ~

~~~ Ende von On the Way to a Smile ~~~