Tifas Geschichte: Kapitel 1

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Bevor sich Tifa wieder an das Säubern der Küche machte, beförderte sie noch den letzen Kunden aus ihrem Laden – dem Siebten Himmel. Der Raum wurde von einem schwachen Licht wenig, aber angemessen, beleuchtet. Tifa war allein. Nur Tage zuvor war ihr die Arbeit nicht so langwierig erschienen. Sie hatte sich stets darauf gefreut, gemeinsam mit ihrer Familie zu arbeiten und dabei all ihre Sorgen zu vergessen. Aber nun war das Wasser kalt geworden und sie wusste nicht wohin mit all dem schmutzigen Geschirr. Um die Atmosphäre etwas aufzuhellen entschied Tifa, alle Lichter, die das Geschäft beleuchteten, anzumachen. Für einen kurzen Augenblick erstrahlte das Geschäft in hellem Glanze, doch die instabile Stromversorgung konnte dies nicht lange durchhalten. Die Lichter erloschen und das Geschäft wurde von Neuem in Dunkelheit gehüllt. Eine Welle von Unbehagen überkam sie. Sie fragte sich, ob sie allein im Haus war. Sie konnte es nicht länger aushalten und so rief sie den Namen eines Mädchens.

„Marlene!“

Kurz darauf waren tief im Inneren des Gebäudes sanfte Schritte aus dem Kinderzimmer zu hören und Marlene erschien.

„Ssssch“, machte sie stirnrunzelnd und legte einen Finger auf ihre Lippen. Tifa entschuldigte sich, war aber erleichtert.

„Denzel ist endlich eingeschlafen.“

„Hatte er Schmerzen?“

„Yeah.“

„Du hättest mich rufen sollen.“

„Denzel wollte nicht.“

„Verstehe…“

Tifa gab sich die Schuld dafür, dass die Kinder sich um sie Sorgen machten.

„Stimmt was nicht?“

„Hmmm… was meinst du?“, fragte Tifa so ausdruckslos wie möglich, um ihre Gefühle zu verbergen. Marlene sah sich im Geschäft um, in dem nur Tifa war.

„Fühlst du dich einsam?“ Das kleine Mädchen durchschaute alles. „Keine Angst, ich gehe nicht weg.“

„Danke. Du solltest bald schlafen gehen.“

„Ich wollte ja gerade einschlafen.“

„Entschuldige.“

Das ist meine Tochter. So stelle ich sie anderen Leuten vor. Ihre Eltern waren vor Kurzem gestorben und sie wurde von Barret, dem besten Freund ihres Vaters, großgezogen.

Als sie Barret getroffen hatte und mit ihm herumgereist war, hatte sie Marlene gut kennengelernt. Es war nur natürlich, dass Barret Marlene der Obhut von Tifa anvertraute, als er sich dazu entschied eine Reise anzutreten, um seine Vergangenheit zu bereinigen.

Tifa hörte mit dem Abwasch auf und folgte Marlene ins Kinderzimmer. Dort standen zwei Betten, eins neben dem anderen. Denzel schlief tief und fest. Die Narbe des Geostigma auf der Stirn des Achtjährigen war ein unheilvolles Zeichen. Nichts konnte getan werden, um die Schmerzen zu lindern, und sein Zustand verschlechterte sich weiter. Denzel verzog im Schlaf das Gesicht, als Tifa ihm den Eiter von der Narbe auf seiner Stirn wischte, aber er erwachte nicht. Marlene, die über Denzel gewacht hatte, flüsterte leise mit Tifa, während sie sich unter die Decke kuschelte.

„Du fühlst dich einsam, obwohl wir hier sind, oder?“

„… Das tut mir leid“, antwortete Tifa ehrlich.

„Das ist okay. Es geht uns genauso.“

„Verstehe.“

„Ich frage mich wo Cloud bloß steckt.“

Tifa ließ ihren Kopf hängen, die Worte blieben ihr im Halse stecken. Cloud war irgendwo draußen in Midgar. Nachdem er irgendwann nicht mehr nach Hause gekommen war, hatte sie zunächst das Schlimmste angenommen: Dass er einen Unfall gebaut hätte oder vielleicht von einem Monster angefallen worden wäre.

Doch bald fand sie heraus, dass er immer noch seiner Arbeit nachging. Es gab Leute, die ihn gesehen hatten. Er hatte nur das Haus verlassen, das war alles. Sie wollte den Kindern weißmachen, dass es keine Probleme gab, doch die Fassade fiel schnell. Binnen Kurzem wussten die Kinder, dass etwas passiert war.

„Warum ist er gegangen?“

Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil diese Probleme zwischen uns aufgetaucht sind.

Aber Tifa erinnerte sich an das Lächeln auf Clouds Gesicht, als sie ihn zuletzt gesehen hatte. Es trug diesen Ausdruck von Güte in sich, der sie glauben ließ, dass alles in Ordnung war.

Ich frage mich, ob ich falsch lag.

***  ***  ***

Eines schicksalhaften Tages kam Meteor aus dem Weltraum geschossen. Der Lebensstrom brach aus der Erdoberfläche, formte sich zu einer gewaltigen Einheit und vernichtete den Meteor. Tifa und ihre Freunde beobachteten alles vom Himmel aus.

Ich wünschte alles wäre weggewaschen worden. Meine Vergangenheit. Unsere Vergangenheit. Vielleicht fühlte ich auch schon damals den unvermeidbaren Schrecken, der zugleich mit der Erleichterung am Ende des Kampfes eintrat. Ich fragte mich damals, ob ich so weiterleben könnte wie zuvor.

Jemand anderem würde sie raten, er solle einfach mit seinem Leben wie bisher weitermachen. Aber nun ging es um sie selbst und sie war unsicher.

Dank ShinRas Entwicklung der Mako-Energie konnte die Welt blühen und gedeihen. Aber unter der glitzernden Oberfläche passierte etwas sehr Dunkles und Böses. Die Anti-ShinRa-Gruppierung AVALANCHE ergriff Maßnahmen, um der Welt vor Augen zu führen, welcher Schrecken sich darunter verbarg.

Die Nutzung von Mako-Energie führt den Planeten an den Rand seiner Zerstörung. Trotz der Untergrundaktivitäten von AVALANCHE wurde wenig erreicht, und die Dinge blieben unverändert. Denn wer die Vorteile von Mako-Energie selbst erlebt hatte, konnte ihr nur schwerlich den Rücken kehren. Um einen Bewusstseinswandel zu erzwingen, griff Avalanche schließlich zu extremeren Mitteln. In der Mako-Stadt Midgar mit ihren vielen Einwohnern, wo eine riesige Menge an Mako-Energie Tag für Tag verschwendet wurde, jagten sie einen der Reaktoren in die Luft.

Da sie einen Fehler beim Bau der Bombe machten, war die Explosion gewaltiger als sie geplant hatten. Die Umgebung des Reaktors wurde ebenfalls zerstört. Als Antwort auf den Vorfall wollte ShinRa AVALANCHE endgültig eliminieren. Ein ganzer Sektor Midgars, in dem AVALANCHE sein Versteck gehabt hatte, wurde mit all seinen Bewohnern vernichtet. Es war eine brutale Tat von ShinRa, um die kleine Rebellengruppe AVALANCHE auszulöschen. So wurde AVALANCHE der Grund für den Tod tausender Unschuldiger.

AVALANCHE war die Gruppierung, der Tifa angehörte.

Sie hatte geglaubt, dass Opfer eben unvermeidlich waren, um ihr großes Ziel zu erreichen. Sie waren immerhin auch dazu bereit, ihre eigenen Leben zu opfern. Aber angesichts der Katastrophe von Sektor 7 überdachten Tifa und die anderen ihre Grundhaltung. Noch inmitten ihres Kampfes gegen ShinRa fanden sie sich schon bald in einem weitaus großeren Konflikt mit dem mächtigen Sephiroth wieder. Tifa, Cloud, ihr Freund aus Kindertagen, das andere überlebende Mitglied von AVALANCHE, Barret, sowie Aerith, die sie in all dem Chaos getroffen hatten und Red XIII, begaben sich auf eine Reise. Nachdem sie noch weitere Ereignisse überstanden hatten, wurden auch Cid, Cait Sith, Yuffie und Vincent ihre Begleiter.

Es schien als würde eine neue Freundschaft aufblühen, aber der Preis dafür war hoch: Aerith‘ Leben wurde genommen.

Trotzdem endete ihre Aufgabe nicht. Auf den bisherigen Verlauf ihrer Reise zurückblickend, fühlte Tifa, dass das Ende ihres Kampfes –  egal ob siegreich oder nicht –  immer näher rückte.

Alles begann als ich ein kleines Mädchen war. Es gab Probleme mit dem Mako-Reaktor, der nahe meiner Heimatstadt Nibelheim stand.

Sephiroth wurde von ShinRa mit der schnellen Lösung des Problems beauftragt, aber er tötete meinen Vater. Ich konnte den Hass, den ich für ShinRa und Sephiroth hegte, kaum ertragen. Dann trat ich AVALANCHE bei. Und damit begannen die Feindseligkeiten. Die Slogans, die AVALANCHE benutzte, um zu zeigen, dass sie gegen Mako und gegen ShinRa waren, missbrauchte ich, um meine wahren Beweggründe zu verbergen. Aber zu viele Leben wurden geopfert, weil wir den Planeten retten wollten. Wenn das alles nur für meine persönliche Rache war, dann…

Diese Sünde spielte immer noch eine Rolle, tief in Tifas Herzen.

Sie fragte sich, ob sie mit diesen Gefühlen weiterleben konnte. Tifa fürchtete sich vor ihrer Zukunft. Sie richtete den Blick vom Himmel hinab auf den Boden.

Inzwischen hatte sich Cloud neben sie gesetzt, ein friedliches Lächeln auf den Lippen. Es war ein Lächeln, das sie vor Beginn ihrer Reise nie an ihm gesehen hatte. Als Cloud ihr Starren bemerkte fragte er irritiert: „Stimmt was nicht?“

„Cloud, du lächelst.“

„Tu‘ ich das?“

„Ja.“

„Es beginnt jetzt. Ein neues…“ Cloud suchte die richtigen Worte. „Ein neues Leben.“

„Ich werde weiterleben. Ich denke, das ist der einzige Weg, Vergebung zu finden. Nachdem wir… all diese Dinge durchgemacht haben.“

„Ich schätze du hast recht…“

„Aber wenn ich so darüber nachdenke, wie oft ich schon ein neues Leben anfangen wollte… ist schon komisch.“

„Was?“

„Ich habe es nie geschafft.“

„Das ist aber nicht lustig.“

„Ich denke, dieses Mal schaffe ich es.“

Cloud wurde für einen Moment sehr ruhig. Dann sagte er: „Weil du bei mir bist.“

„Aber ich war doch die ganze Zeit bei dir.“

„Morgen wird es beginnen.“ Cloud lächelte wieder.

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