Tifas Geschichte: Kapitel 3

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Der Tag, an dem der Siebente Himmel eröffnete, war ein riesiger Erfolg. Der Corel-Wein, den sie ausschenkten, war eigentlich nichts Besonderes. Zudem konnten sie nur über wenige Zutaten verfügen und darum keine speziellen Gerichte anbieten. Trotzdem suchten die Menschen Orte wie den ihren auf. Orte, an denen man bei guter Gesellschaft trinken und lachen konnte. Orte, an denen man über die traurige Wirklichkeit hinwegkam, die Realität vergessen oder auch über die Zukunft nachdenken konnte. Leuten, die kein Geld hatten, konnten Waren gegen etwas zu trinken eintauschen. Sie hatten ein Angebot verschiedener Säfte, so daß auch Kinder kommen konnten. Sie schenkten aber nur aus, was auch Marlene gern trank. Marlene war überhaupt unentbehrlich. Von früh bis spät (aber abends nicht zu lange) kümmerte sie sich um die Gäste. Jene, die zuviel tranken, wurden ohne zu zögern nach draußen befördert.

Barret nippte in einer Ecke an seinem Wein. Vielleicht plante er, der Rausschmeißer zu werden. Clouds Job war es, die Zutaten zu besorgen, die sie für den Wein und das Essen brauchten. Er kannte die meisten Namen der Früchte und des Obstes nicht. Zuerst war Tifa überrascht, aber dann dachte sie an das Leben das Cloud geführt hatte. Sie fand es ein bißchen komisch, daß Clouds neues Leben damit begann, sich Namen von Obst zu merken. „Nein, ich darf darüber nicht lachen“, dachte sie bei sich.

Cloud schätzte Gesellschaft nicht besonders Er war nicht darin, sich mit Fremden zu unterhalten, aber er mußte lernen wie man handelte und feilschte. Die Zutaten hatten nun einen größeren Wert als vorher. Cloud machte Fortschritte.

Eine Woche nach der Eröffnung teilte Barret ihnen mit, daß er auf eine Reise gehen mußte, nun da er sah, daß das Geschäft gut lief. Er ließ Marlene bei ihnen zurück.

„Ich möchte auf eine Reise gehen und meine Vergangenheit klären.“

Cloud nickte, als wenn er verstanden hätte.

„Deine Vergangenheit klären…? Aber ich möchte das selbe tun.“

„Ihr könnt das hier. Nehmt nicht nur. Versucht herauszufinden. wie ihr anderen etwas geben könnt.“

Marlene die sonst immer bei Tifa schlief, übernachtete in der Nacht vor Barrets Abreise im Zimmer ihres Stiefvaters. Ihre Unterhaltung dauerte bis spät in die Nacht.

Am nächsten Morgen brach Barret früh auf.

Ihm hinterher rief Marlene: „Schreib mir ein paar Briefe! Und ruf auch an!“

Barret hob seinen künstlichen rechten Arm, an dem ein Maschinengewehr angebracht war. Er lief weiter, ohne zurückzuschauen. Es war der Rücken eines Mannes, der den Kampf brauchte, wie die Luft zum Atmen.

Ich fragte mich, was für eine Art Leben er finden würde. Ich betete, daß er in der Lage sein würde, sich aus Kriegen herauszuhalten. Ich betete, daß auch er herausfinden würde, wie er anderen Menschen geben kann.

„Vergiß nicht ein ‚liebes‘ Kind zu sein.“

Cloud und Tifa schauten sich verblüfft an, als sie Barrets Worte hörten. Sei ein „liebes“ Kind?

„Ich werde auf Cloud und Tifa aufpassen.“

Barret drehte sich um und rief: „Paß gut auf!“. Seine Stimme zitterte ein bißchen.

„Halte die Familie zusammen und paß gut auf sie auf.“

***  ***  ***

Freunde waren eine Notwendigkeit für mich, damit ich weiterleben konnte ohne von den Sünden in meinem Bewußtsein erdrückt zu werden. Auch wenn diese Kameraden die gleichen Wunden wie ich selbst davongetragen haben. Und auch, wenn diese Kameraden an den gleichen Sünden wie ich zu tragen haben. Ohne den gegenseitigen Trost und die ständige Ermutigung würde das Leben keinen Sinn machen.

Vielleicht kann man dies Familie nennen. Wir müssen die Familie zusammenhalten und unser Bestes geben.

Tifa glaubte fest, daß sie mit den Freunden, die sie Familie nannte, über alles hinwegkommen würde.

*** *** ***

Die Bar war nun schon mehrere Monate geöffnet. Da kam eines Abends ein Anruf von Cloud, der gerade eine Lieferung abholte. Es ging ihm um das Privileg, in der Bar ein Leben lang kostenlos essen und trinken zu dürfen. Tifa wußte, was er sagen wollte, ohne seine Geschichte anzuhören. Sie war sicher, daß er dieses komische Privileg für etwas anderes aufgeben wollte, ganz gleich, was passierte.

Es war schon Nacht. Cloud kam auf einem Motorrad zurück. Es war ein Modell, das sie nie zuvor gesehen hatte. Seitdem bastelte er immer daran, wenn er gerade etwas Freizeit hatte. Er brachte einen Mechaniker, den er von irgendwo kannte, dazu, sein Motorrad zu modifizieren. Es schien uns so, als wären auch noch andere Leute vorbeigekommen und hätten ihm bei seiner Arbeit an dem Motorrad geholfen. Marlene und ihre neuen Freunde aus der Nachbarschaft kamen ebenfalls und guckten zu. Die Szene gab Tifa die Gewißheit, daß sie langsam eine Familie wurden.

Es kam oft vor, daß Cloud Midgar verlassen mußte, um ihre Waren zu besorgen. Der Zielort war meistens Kalm. Er mußte sich ein Motorrad oder einen Lieferwagen ausleihen oder manchmal sogar einen Chocobo nehmen, aber nun hatte er sein eigenes Motorrad. Von un an reiste er Gelegentlich sehr weit, um seltene Ware zu bekommen.

Eines Abends kam ein Anruf für Cloud. Nachdem er eine Weile telefoniert hatte, erklärte er, er müsse noch einmal schnell fort.

„Wohin willst du?“

„Wie soll ich das erklären…“

Cloud erzählte Tifa, daß er während seiner Fahrten oft gebeten wurde, kleine Lieferungen durchzuführen. Der Anrufer war einer der Ladenbesitzer, von dem sie Gemüse bezogen. Es war ihm sehr wichtig, daß Cloud noch in dieser Nacht eine Lieferung ausfuhr. Cloud blickte Tifa an, wie ein Kind, das eben seine Geheimnisse preisgegeben hat.

„Warum schaust du mich so an?“

„Naja… Entschuldige, daß ich nichts gesagt habe.“

„Worüber denn?“

„Über die Dinge, die ich tun möchte.“

Tifa lachte laut auf. Cloud erzählte weiter, daß er sich durch die Botengänge ein bißchen was dazu verdient hatte. Er fühlte sich schuldig, weil er alles in die Änderungen an seinem Motorrad gesteckt hatte. Tifa dachte, daß er sich wie ein Kind benahm. Vielleicht fand sie es etwas traurig, daß Cloud eine andere Welt gefunden hatte, von der sie nichts wußte. Die Hauptsache war jedoch, daß sich sein Horizont erweiterte und das war ein willkommener Gedanke. Ja, was Tifa empfand, mußte ähnlich dem Gefühl sein, das eine Mutter für ihre Kinder hat. Tifa begleitete Cloud nach draußen, und freute sich über das neue Gefühl, das in ihr aufblühte.

*** *** ***

Tifa war jetzt in der Lage, im Bewußtsein ihrer Schuld weiterzumachen, doch sie hatte sie nicht vergessen. Eines Tages könnte der Tag kommen, an dem sie bestraft würde. Bis dahin wollte Tifa nach vorne schauen und ihr Leben in vollen Zügen genießen. Sie wollte nicht nur nehmen, sondern zeigen, daß sie auch zu geben fähig war.

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