Vielen Dank an Panini Comics für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!
Die Gegebenheiten der Welt veränderten sich sehr, als die fatale Katastrophe im letzten Moment verhindert werden konnte. Unsere vermeintlichen Helden aus Final Fantasy VII bekommen dies am eigenen Leib zu spüren, als sie versuchen, nach dem durch den Willen des Planeten abgewendeten Meteoriteneinschlag, in ein geregeltes Leben zurückzufinden.
Inhalt
Der Roman „On the Way to a Smile“, oder wie er auf Deutsch mit „Der Blick nach vorn“ betitelt wurde, beleuchtet Ausschnitte der Hauptfiguren im Zeitraum zwischen dem Ende des Spiels Final Fantasy VII und des nahenden Beginns der Ereignisse von Advent Children. Ganz anders als der Film, dem nicht abzustreiten ist, dass er primär auf Unterhaltungs- und Wiedererkennungswert setzt, betrachtet der Roman die inneren Seiten der Figuren.
In den sechs Erzählungen inklusive gesplitteter Zusatzgeschichte erfährt der Leser etwas über Denzels traumatisches vergangenes Jahr, über Tifas Unsicherheit in Bezug auf Cloud und ihre einstigen Taten, über Baretts Suche nach Sühne und Vergebung für sein Handeln, über Nanakis Verlustangst, über Yuffies Rolle in der wutai‘schen Gesellschaft, über ShinRas Fall und Rehabilitation und zu guter Letzt über die antagonistischen Bestreben von natürlichem und pervertiertem Lebensstrom. Ebenso werden die Anfänge und die Ursache der todbringenden Krankheit Geostigma, die auch in Advent Children eine große Rolle spielt, näher beleuchtet und durchziehen jedes Kapitel.
Erzählstil
Autor Nojima Kazushige, der bereits am Szenario des Originalspiels mitgeschrieben hat, erzählt die einzelnen Geschichten aus den Perspektiven der Figuren, die in den Kapiteln betitelt sind. Dabei liegt sein Augenmerk auf der detaillierten Beschreibung, was die Figuren beschäftigt, gar quält, und wie sich allmählich Möglichkeiten aufzeigen, ihren neuen Platz im Leben zu finden und dadurch die Probleme mit der Zeit zu bewältigen.
Die eingestreuten Beschreibungen zum Wandel der Welt und den Handlungen der Menschen sind von der Erzählfigur distanziert und neutral dargestellt. Gerade hier lässt Kazushige den Bezug zu Final Fantasy VII aufleben, indem bekannte Städte wie Rocket Town, Wutai oder Midgar aus ehemaliger und derzeitiger Perspektive dargestellt werden, oder bekannte Nebenfiguren, wie Elmyra, Aeriths Mutter, oder Shera, Cids Assistentin, einen Gastauftritt beschert.
Dem sei hinzugefügt, dass alle Hauptfiguren in den Geschichten einen mehr oder minder wichtigen Part übernehmen und Erwähnung finden. In Denzels Geschichte berichtet der Junge Reeve seine jüngste Vergangenheit, Tifa setzt sich mit dem immer mehr in sich gekehrten Cloud auseinander und Barret und Cid kooperieren bei der Ölsuche und dem Luftschiffbau. Vincent und Nanaki geben ein sehr eigensinniges und nachdenkliches Pärchen ab und Yuffie hat gleich mit mehreren Zwischenbegegnungen zu tun. ShinRas Geschichte fällt da nicht aus dem Konzept, behandelt es doch eine gestärkte Zusammenarbeit zwischen dem jungen Ex-Präsidenten und den verbliebenen Turk-Mitgliedern.
Ein klarer Pluspunkt, dass der Leser, dem das Original bekannt ist, genügend vertraute Aspekte in dem Buch wiederfindet, wenn man sich auf einen ruhigen und auf die Gefühlswelt der jeweiligen Figur bezogenen Erzählstil einlässt. Wer ein Neuling in der Welt von Final Fantasy VII ist und mit dem Buch beginnt, der dürfte Schwierigkeiten haben, die Bezüge herzustellen.
Deutsche Bearbeitung
Entgegen jeder Befürchtung, ein Buch zu einem Videospiel erhalte nur eine halbherzige Realisierung, wurde es gut in die deutsche Sprache übersetzt. Gut, aber nicht ohne Mängel.
Während manche Worte mit Bedacht eingesetzt wurden, gibt es Stellen, an denen umgangssprachliche Redewendungen oder Füllwörter sich häufen, wohl mit der Intention, das Leseerlebnis ein wenig modern zu gestalten. Allerdings wirken Formulierungen wie „Laune geht in den Keller“ oder „In den Kram passen“, sowie „mal“, „ja“ und „schon“ nicht immer treffend bzw. überreizt eingesetzt. Auch nicht jeder Satz, der den Figuren in den Mund gelegt wird, wirkt dem Charakter entsprechend authentisch. An dieser Stelle sei Yuffies weiser Vater Godo angeführt, der sagt, dass die „durchgeknallten Ex-Elitensoldaten“ Schuld seien und „der Wille des Kosmos irgendwann die Nase voll davon hatte“.
Ein weiterer Punkt, der zwar nicht oft ins Gewicht fällt, an manchen Stellen aber stark hervor tritt, sind Wortwiederholungen, die man mit ein wenig mehr Wortspielerei hätte umgehen können. Hier ein extremes Beispiel:
„Doch dazu brauchte er einen fleischlichen Körper. Er wollte es ihm mit seiner eigenen Stimme sagen, es ihm mit seiner eigenen Hand ins Fleisch schneiden. Er würde sich der Kraft seiner Mutter bedienen müssen. Wenn es noch fleischliche Überreste der Mutter gab, dann konnte auch er wieder einen Körper aus Fleisch und Blut erlangen.“
Ansonsten ist ein guter Lesefluss gewährleistet, was die Fanübersetzungen unter Umständen nur bedingt schaffen konnten, da dort die unterschiedlichen Stile der verschiedenen Übersetzer eine Rolle spielten. Auch sind nicht alle Sachverhalte immer korrekt in der Fanübersetzung wiedergegeben, was sich wohl auf die umständliche Übertragung von Japanisch – Englisch – Deutsch zurückführen lässt.
Der Schriftsatz hat eine angemessene Größe und es kommt nicht der Eindruck auf, man wolle die Seiten strecken. Das Cover und die Struktur der Kapitel sind dem Original „On the Way to a Smile“ nachempfunden. Eine sehr gute Wahl, wenn man bedenkt, dass bei manchen Büchern jeder Verlag ein eigenes Cover nach seinen Vorstellungen entwirft. Der Titel „Der Blick nach vorn“ stellt zwar keine direkte Übersetzung dar, symbolisiert aber den Kern jeder Geschichte. Daher ist diese Abweichung als treffend zu bezeichnen, wenn nicht sogar passender, denn nicht jeder der Figuren befindet sich wahrhaftig „auf dem Weg zu einem Lächeln“. Demnach bietet diese offizielle Veröffentlichung in deutscher Form ein rundes Werk.
Fazit
Die Geschichten in ihrer Ausführung lassen sich gut lesen, obwohl sie, wie ihre Figuren, die sie behandeln, sprachlich und inhaltlich nicht perfekt sind. Trotzdem ein nettes Buch, das einen vollwertigen Beitrag zur Compilation of Final Fantasy VII liefert und die Welt und deren Geschehnisse von einer neuen Perspektive aus betrachtet und aufarbeitet. Mein Gesamteindruck fällt trotz einiger Schwächen doch eher positiv aus und meine Empfehlung geht an die Leser, die an Final Fantasy VII Gefallen gefunden haben und sich anstatt an einem Kampf vor dem Bildschirm auch an einer leise erzählten Lektüre erfreuen können.