Vorgeschichte
Aller Anfang ist schwer…
Die Vorgeschichte zu Advent Children beginnt bereits im Jahre 2001. Visual Works, die Produktionsfirma hinter den spektakulären Videosequenzen von FFX und FFX-2, wollte nicht bloß Videomaterial für FF-Spiele, die die Geschichten ergänzen, sondern einen eigentständigen Final Fantasy-Film produzieren. Man schlug vor, die Sequenzen aus FFX und FFX-2 zusammenzuwerfen und um weitere Szenen zu ergänzen, so dass ein eigenständiger Film – basierend auf den beiden Spielen – entstehen würde. Squaresoft (seinerzeit noch ohne Enix) steckten die hohen Verluste des ersten Films um Final Fantasy aber noch zu tief in den Knochen, als dass sie einem solchen Projekt zugestimmt hätten. So wurde es um unbestimmte Zeit verschoben.
Die Initialzündung
Der Traum von einem neuen und besseren Final-Fantasy-Film hatte sich jedoch in den Köpfen einiger Square-Mitarbeiter festgesetzt, und auch einflussreiche Leute wie Tetsuya Nomura ließen sich davon anstecken. Nachdem das Videomaterial zu Kingdom Hearts: Final Mix produziert worden war, erklärte Nomura intern, er würde gerne einen CG-Film erstellen, am liebsten mit Final Fantasy VII als Basis. Ein kurzes Drehbuch, welches sich um Cloud, Tifa und die Kinder drehte, wurde daraufhin von Kazushige Nojima geschrieben. Verschiedene Varianten, wie der Film unters Volk gebracht werden sollte, wurden diskutiert. Im Gespräch war ein 20 minütiger Film für das japanische Fernsehen, ein anderer Vorschlag lautete, den Film als Gratisbeilage einem zukünftigen Spiel von Square beizulegen. Konkret beschlossen war das Projekt zu jenem Zeitpunkt aber noch nicht.
Zwei Ereignisse brachten das Projekt dann mit Riesenschritten ins Rollen: Die Ankündigung von Squaresoft und Enix, dass man fusionieren wolle (Ende 2002) und der große kommerzielle Erfolg von FFX-2 (erschien Anfang 2003 in Japan). Die Fusion gab das nötige Selbstvertrauen und den finanziellen Rückhalt, der Erfolg von FFX-2 bewies, dass sich die Leute für eine direkte Story-Forsetzung eines FFs begeistern konnten (bis dahin eine fast undenkbare Sache).
Dem neuen Filmprojekt wurde bald darauf von Seiten der Firmenleitung grünes Licht gegeben. Ab dem Frühjahr 2003 begann die Enwicklung des noch namen- und konzeptlosen Films.
Konzeptionsphase
Nomura bestimmt die grobe Richtung
Erst als Nomura dem Projekt als Regisseur zugeteilt wurde, fiel die endgültige Entscheidung, dass der zu entwickelnde Film auf Final Fantasy VII basieren würde. Eine Entscheidung, mit der man im übrigen Team sehr zufrieden war, auch wenn man anfangs eher auf einen FFX-Film gesetzt hatte.
Glaubt man den Aussagen der Entwickler, wusste eigentlich niemand so recht, wohin die Reise gehen würde. Ein Umstand, der wohl für die gesamte Produktion von Advent Children typisch war. Das erste Drehbuch Nojimas konzentrierte sich – wie oben gesagt – vornehmlich auf die familiäre Situation Clouds und enthielt so gut wie keine Action. Für Nomura stand jedoch von Anfang an fest, dass es ein Actionfilm werden müsse. Außerdem wollte er den Bildern mehr „Tiefe“ verleihen. Die FF-Videosequenzen seien bislang eher hübsches Beiwerk gewesen; Nomura wollte den CG-Sequenzen mit dem FFVII-Film eine bedeutendere visuelle Ausdruckskraft ermöglichen, die er für möglich hielt.
Stück für Stück arbeitete man sich vor. Außer Charakterskizzen wurden Schlagwörter gesammelt, wie „Jenova“ oder „Reunion“ – Wiedervereinigung – und ähnliches. Die Geschichte wurde in groben Stichworten notiert: „Vergessene Stadt“, „Aufrufmonster“ und „Endkampf gegen Sephiroth“. Dass Sephiroth zurückkehren, und Cloud ihn am Ende besiegen würde, daran bestand kein Zweifel. Wie genau das aussehen sollte, stand dagegen noch in den Sternen; diesen Umstand erkennt man nich zuletzt daran, dass die Länge des Films während der Entwicklung stetig ausgeweitet wurde. Erst sollten es 20, später 60, dann 70 Minuten sein. Am Ende bringt es Advent Children auf stolze 101 Minuten – und die später veröffentlichte „Complete“-Fassung des Films ist noch länger.
Erster Prototyp
Die CG-Grafiker waren in dieser Zeit ebenfalls nicht untätig und experimentierten mit den Motorradszenen aus dem alten Final Fantasy VII. Die Szenen wurden neu bearbeitet und mit modernen Effekten versehen, so schuf man aus diesem Material einen ca. 1 Minuten langen Prototypen, der der Öffentlichkeit niemals zugänglich gemacht wurde. Glaubt man den Reunion Files wusste selbst Tetsuya Nomura nichts von diesm „geheimen Prototypen“.
Frühe Produktionsphase
Bis zur ersten Ankündigung
Schließlich entstanden die ersten „richtigen“ Szenen des Films. Cloud in der Kirche, Cloud auf dem Hügel nahe Midgar und sein Kampf gegen Kadaj, sowie die Szenen auf den Highways. Mit ca. drei Minuten Bildmaterial im Gepäck ging es dann zur Tokio Games Show, wo man, etwas mehr als ein halbes Jahr nach dem offiziellen Beginn des Projekts, im September 2003 die Sensation enthüllte. Stunden vor der Pressekonferenz waren im Internet schon erste Bilder des Projekts aufgetaucht – diese Bilder hatte man zunächst für ein PS2-Spiel gehalten!
Das Entwicklungsteam war zunächst unsicher gewesen, ob sie „den Geist von Final Fantasy VII“ mit dem aktuellen Look eingefangen hatten, auch wenn es sich für sie „richtig anfühlte“. Nach dem umjubelten Auftritt auf der TGS wurde „aus dem Gefühl Gewissheit“, so Co-Produzent Hashimoto.
Zu jenem Zeitpunkt war bereits klar, dass man das Material aus dem Trailer nicht für den Film verwenden wollte. Dem Publikum sollte mit den Bildern vielmehr ein Eindruck verschafft werden, wie der Film denn später einmal aussehen könnte. Damals sollte das Endprodukt lediglich 20 Minuten laufen und vom Stil her eher einem „langen Musikvideo, wie man es auf MTV sehen könnte“ ähneln, kommentiert Nojima.
Das Jump Festa
Derweil wurde fleißig an den endgültigen Designs der Kreaturen (Bahamut und Shadow Creeper), der Waffen und der Vehikel gefeilt. Für das Jump Festa im Dezember 2003 sollte ein Trailer auf die Beine gestellt werden, der komplett neue Szenen zeigt. Überraschend ist, wie ziellos die Entwickler vorgegangen sind: Das Storyboard war zu diesem Zeitpunkt nur zu gut einem Drittel fertiggestellt, immer wieder gab es Ergänzungen und tiefgreifende Änderungen, ein verbindliches Konzept fehlte. Die damals für jenen Jump Festa-Trailer kreierten Szenen aus der Vergessenen Stadt wurden komplett verworfen, einzig die „Aerith-Szene“ floss in das Endprodukt ein. Viel Material aus den ersten Trailern wurde von Anfang an nur für Werbe- und Testzwecke erstellt.
Zu diesem Zeitpunkt wurde die endgültige Länge des Films bei 60 bis 70 Minuten festgelegt. Die Ankündigung sorgte für etwas Verzweiflung beim Team, hatte man doch bisher hauptsächlich getestet und kaum verwertbares Material produziert; nun sollte der Film dreimal länger laufen, als ursprünglich geplant. Doch in den folgenden Monaten nahm das Projekt mehr und mehr Gestalt an.
Venedig ändert alles
Im Juni 2004 ging eine ungewöhnliche Einladung bei Square Enix Japan ein. Wenig später reiste Marco Müller, Veranstalter eines der anerkanntesten Filmfestivals der Welt – der Venediger Biennale –, persönlich nach Japan, um mit Tetsuya Nomura über Advent Children zu reden. Müller bestand darauf, dass der Film bei der kommenden Biennale im Herbst gezeigt wird – wenn auch in unvollständiger Form. Eine solche Chance wollte man sich natürlich nicht entgehen lassen und so begannen zwei arbeitsreiche Monate.
Glücklicherweise hatte man sich inzwischen auf eine verbindliche Szenenabfolge geeinigt und Rohentwürfe jeder Szene angefertigt. Auch hatte man schon einiges an Filmmaterial fertiggestellt. Das vorhandene Material wurde also gesichtet und Szenen ausgewählt, auf die man aufbauen konnte. Drumherum wurden in Rekordzeit weitere Sequenzen fertiggestellt, so dass ein einigermaßen zusammenhängendes und stimmiges Ganzes entstand. Das Ergebnis kam auf eine Spielzeit von etwa 23 Minuten.
Co-Regisseur Nozue meinte dazu:
Im Endeffekt blieben uns nur gut zwei Monate. Die Arbeit, die ich in diesen 2 Monaten zu bewältigen hatte, war definitiv das härteste, mit dem ich in meinen sieben Jahren bei Square Enix zu tun gehabt habe. Und es war die schrecklichste Herausforderung, der ich mich je stellen musste.
Die harte Arbeit zahlte sich aus. Beide Vorstellungen in Venedig waren restlos ausverkauft, das unvollständige Werk umjubelt. Dass es auch gerade europäische Fans waren, bei denen der Film so gut ankam, überraschte so manchen bei Square Enix. Die Begeisterung sorgte jedenfalls für einen ganz neuen Teamgeist. Man war weg von der Vorstellung, eine Art überlanges Musikvideo zu machen. Schon die in Venedig gezeigte Fassung ging darüber hinaus. Jetzt wurde aus dem Projekt etwas wirklich großes. Abseits der positiven psychologischen Wirkung hatte die Einladung nach Venedig auch eine ganz konkrete Wirkung auf die Produktion. An diesem Punkt wurde aus verstreuten Trailerszenen und unfertigen Werbevideos ein richtiger, zusammenhängender Film mit eigener Vision. Advent Children hatte Spielfilm-Niveau erreicht. Nicht zufällig wurde kurz darauf die (nun wirklich) endgültige Länge bei ca. 100 Minuten fixiert.
Doch noch lag ein langer Weg vor dem Team. Venedig hatte ebenfalls aufgezeigt, wie viel bis zur Fertigstellung noch fehlte. Desweiteren bemerkte Nomura immer noch kleinere Mängel an seiner Vision, so dass die – für ihre Qualität bereits gelobten – Grafiken noch einmal überarbeitet wurden. Noch ein ganzes Jahr sollte die Produktion dauern, bis auf dem nächsten Venice Film Festival Advent Children seine Welt-Uraufführung feierte.