„Die Cetra wurden aus dem Planeten geboren, sprechen mit dem Planeten, und öffnen den Planeten. Und dann… Die Cetra werden in das verheißene Land zurückkehren. Ein Land, das höchste Glückseligkeit verspricht.“
– Aerith Gainsborough aus Final Fantasy VII –
Eine kurze Geschichte der Cetra
Vor- und Ur-Geschichte
Vor 2000 Jahren, so sagt man, lebten die Cetra auf dem Planeten. Der Planet selbst hatte sie geboren und sie waren wie seine Kinder. Die Cetra waren ein Volk von Nomaden. Sie lebten auf einem Teil des Planeten, kultivierten ihn, und zogen dann weiter in ein anderes Land, welches sie entwickeln konnten. Irgendwann, so sagt die Legende, würden sie das verheißene Land erreichen, ein Land, das seinen Bewohnern höchste Glückseligkeit verspricht. Dort würden die Cetra für ihre Mühen und belohnt werden.
Da sie Nomaden waren, hinterließen sie nicht viele Kulturleistungen. Jedoch kann man anhand dieser erkennen, dass sie eine sehr hoch entwickelte Kultur besaßen und durchaus über in unserem Sinne „moderne Technik“ verfügten. Tatsächlich scheint ihre Technik besser entwickelt zu sein, als die der ShinRa zu Zeiten von Final Fantasy VII. Da sie aber eng mit dem Planeten verbunden waren, taten sie nichts, was ihn verletzen und schädigen könnte und zogen, zu Gunsten des Planeten, ein einfaches und beschwerliches Leben vor.
Die Krise, die vom Himmel kam
Jedoch, eines Tages bedrohte ein großes Unglück die Welt der Cetra. „Die Krise, die vom Himmel kam“ vernichtete beinah den Planeten. Erst kurz vor dem Ende gelang es einigen mutigen Cetra, diese Krise zu beseitigen. Diese Krise war ein Wesen aus dem Weltraum, welches mit einem Meteoriten auf dem Planeten gelandet war. Der Meteoriteneinschlag hatte den Planeten schwer verwundet, Heilung wäre jedoch möglich gewesen. Das bösartige Wesen namens JENOVA, verhinderte mit seinem Willen, dass sich der Planet heilen konnte. Dies blieb den Cetra zunächst verborgen, da JENOVA über Fähigkeiten verfügte seine Gestalt zu wandeln und den Geist seiner Körper zu manipulieren. Darum erschien es den Cetra – obwohl sie über so große Weißheit verfügten – als ein Freund. Nachdem JENOVA sich das Vertrauen der Cetra erschlichen hatte, infizierte es sie mit einem todbringenden Virus, der viele Cetra dahinraffte. Die Überlebenden schafften es schließlich, dieses Wesen (scheinbar) zu töten und zu versiegeln, damit es niemehr Unheil anrichten könne.
Der Planet war zwar gerettet, die Cetra sollten sich jedoch von der Krise nie mehr erholen. Es gab Bestrebungen unter den Cetra, die alten Lebensweisen aufzugeben und sesshaft zu werden. Diese Einstellung konnte sich mehr und mehr durchsetzen. So kam es, dass diese Cetra sich mit anderen Menschen vermischten und zu den Vorfahren der heutigen Menschen wurden. Unbekannt ist, warum sie ihre Technologie verloren – vermutlich waren die Stämme, die die alten Traditionen aufgaben, nicht so hoch entwickelt, wie die Cetra von Norspol. Ihre besonderen Fähigkeiten verloren sie dagegen, weil sie nicht mehr auf den Planeten achteten und nur noch an sich selber dachten. Dennoch ist zu beachten, dass auch „normale Menschen“ durchaus noch über cetrae Fähigkeiten verfügen und etwa die Schreie des Planeten vernehmen können.
Das Ende der cetraen Kultur
Die Cetra, die an ihrer Kultur festhielten, lebten in versteckten Orten dieser Welt weiter, immer auf den Tag wartend, an dem die letzte Schlacht gegen das Unheil aus dem Himmel geschlagen werden sollte. Sie und ihre Zivilisation gerieten in Vergessenheit und wurden verdrängt. Heute erinnern nur noch einige bruchstückhafte Einträge in den Geschichtsbüchern an ihre Kultur. Sie wurden „das Alte Volk“ genannt.
Das Volk der Cetra schwand immer weiter dahin. Die letze Cetra war eine junge Frau namens Iphalna. Wir wissen nicht wie es dazu kam, doch eines Tages verließ Iphalna ihre Heimat und ging in ein Dorf, das „Gasthaus zum Eiszapfen“ hieß. Mit sich brachte sie die weiße Substanz, die letzte Hoffnung im Kampf gegen die „Krise, die vom Himmel kam“. Sie lernte einen Mann kennen, der früher einmal für die ShinRa gearbeitet hatte. Sein Name war Professor Gast. Die beiden verliebten sich unn bekamen ein Kind: Aerith. Gast lernte viel über die Cetra, doch er sollte nicht mehr dazu kommen, sein Wissen zu nutzen. ShinRa-Soldaten unter der Leitung seines Rivalen Hojo überfielen das Dorf, töteten ihn und entführten Iphalna und Aerith.
Hojo brachte die beiden in ein Forschungslabor. Die schwerverletzte Iphalna konnte aber fliehen und flüchtete mit dem Kind in die Slums von Midgar City. Kurz vor ihrem Tod gab sie die weiße Substanz an ihre Tochter und bat eine Frau sich um Aerith zu kümmern. Aus Mitleid nahm diese Frau, Elmyra Gainsborough, Aerith bei sich auf und zog sie wie ihre eigene Tochter groß.
Jahre später trifft Aerith in einer Kirche in den Slums ihrer Heimat Midgar auf den Söldner Cloud Strife. Ihr Schicksal als Hüterin der weißen Substanz erfüllt sich…
Die Kultur der Cetra
Wir haben in Final Fantasy VII zwei Beispiele für Kulturleistungen der Cetra — die Vergessene Stadt und den Tempel des Alten Volkes. Man kann darin zwei unterschiedliche Stile erkennen. Ich nenne den Baustil der Vergessenen Stadt „Norspol-Stil“ bzw. diese Cetra „Norspol-Cetra“, nach der gleichnamigen Region (im Englischen eigentlich „Knowlespole“). Die Cetra, die den Tempel des Alten Volkes errichtet haben, bekommen im Spiel leider keinen Namen zugeordnet. Wegen der geographischen Lage des Tempels nenne ich diese Cetra „südliche Cetra“ bzw. ihren Stil den „Südland-Stil“.
Die Erzählungen Iphalnas bestätigen den Eindruck, dass beide Bauwerke von unterschiedlichen Kulturen errichtet wurden, denn sie deutet verschiedene Cetra-Stämme an, die zur Zeit vor der Ursprungskrise existierten. So heißt es bei ihr: „Die Cetra am Norspol entdeckten als erste die Wunde des Planeten.“ Es existierten also zweifelsfrei mehrere Stämme.
Es ist nur logisch, anzunehmen, dass diese Stämme verschiedene Kulturen besaßen. Möglicherweise gab es sogar noch weitere Cetra-Kulturen, jedoch ist von ihnen zur Zeit von Final Fantasy VII nichts mehr übrig geblieben. Dabei muss man auch bedenken, dass…
- …die Cetra ein Nomadenvolk waren und demnach kaum Kulturleistungen hinterlassen haben können und weiterhin…
- … Squaresoft keinen Nutzen gehabt hätte, dutzende verschiedene Cetra-Kulturen mit einzigartigen Baustilen, Kunstwerken, Schriften etc. zu entwerfen. Die beiden vorhandenen (tatsächlich ließe sich der „Norspol-Stil“ noch unterteilen, so dass man drei Stile hätte) Kulturen müssen stellvertretend für die gesamte cetrae Kultur herhalten.
Der „Südland-Stil“ erinnert an eine Mischung aus Inka-Bauten vermischt mit ägyptischen Einflüssen (wobei ja auch in der realen Welt durchaus Ähnlichkeiten zwischen beiden Kulturen bestehen). Von außen betrachtet könnte man den „Tempel des alten Volkes“ für eine Pyramide in Südamerika halten. Im Inneren wirken die Wandmalereien und die Symbole, als stammten sie aus dem alten Ägypten.
Den „Norspol-Stil“ kann man keiner menschlichen Zivilisation zuschreiben. Muschelbauten findet man in unserer Welt eher selten. Interessant ist der geheime Tempel-Bereich unterhalb der eigentlichen Stadt (dort, wo Aerith ermordet wird). Dieser Baustil unterscheidet sich noch einmal deutlich von den Muschelbauten, wirkt irgendwie märchenhaft-unwirklich.
Cetra: Rasse, Volk oder Lebenseinstellung?
Keine Rasse!
In der deutschen Version von Final Fantasy VII werden die Cetra als „Altes Volk“ bezeichnet, in der englischen aber bsp. lediglich als „The Ancients“, die Alten. Waren die Cetra aber wirklich ein Volk? Manchmal entsteht der Eindruck, etwa wenn man Sephiroth reden hört, dass die Cetra eher eine –– im biologischen Sinne –– eigene Rasse waren, die zeitgleich mit den Menschen existierte und dann von ihnen verdrängt wurde. Dies würde bedeuten, dass sie Menschen zwar ähnlich sehen, biologisch aber so verschieden sind, dass sie keine gemeinsamen Nachkommen haben können. Die Annahme ist leicht zu widerlegen –– Aerith ist der lebende Beweis, dass Cetra und andere Menschen ganz normal Kinder bekommen können.
Eher eine Lebenseinstellung?
Richtig ist nämlich, dass die Menschheit, wie sie zur Zeit der Handlung von Final Fantasy VII existiert, teilweise aus den Cetra hervorgegangen ist. Allerdings muss man auch eingestehen, dass die Cetra von Geburt an über bestimmte Eigenschaften, man könnte sie Talente oder Fähigkeiten nennen, verfügen, die normale Menschen eigentlich nicht besitzen. Die Betonung liegt auf „eigentlich“. Denn beispielsweise Bugenhagen ist in der Lage die Stimme des Planeten zu hören — eine Eigentschaft, die normalerweise nur Cetra besitzen. Es ist also durchaus möglich, dass Menschen sich cetrae Fähigkeiten aneignen, auch wenn sie noch nie einen Cetra gesehen haben. Nur die biologischen Anlagen als Cetra zu besitzen, reicht aber auch nicht, um alle Fähigkeiten der Cetra zu beherrschen. So scheint Aerith zwar von Natur aus stark mit cetraen Begabungen gesegnet zu sein, doch auch sie muss lernen –– indem sie den verstorbenen Seelen anderer Cetra lauscht. Wie sie selbst zugibt, etwas, dass ihr nicht gerade leicht fällt. Bedeutet also ein Cetra zu sein, vor allem einer bestimmten Lebenseinstellung zu folgen und sich auf den Planeten zu konzentrieren?
Das kann man wohl verneinen. Die obigen Beispiele machen klar:
- Wer wie Aerith als Cetra geboren wurde, verfügt über außergewöhnliche Begabungen.
- Diese „Begabungen“ kann sich allerdings jeder in geringerem Umfang aneignen.
- Ohne entsprechende Anleitung durch erfahrene Cetra, können auch bei geborenen Cetra nicht alle Talente frei werden.
Schlußfolgerungen: Kultur
So kann man zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Cetra als Menschen über besondere Eigenschaften des menschlichen Gehirns bescheid wussten und diese nutzten. Dieses Wissen wurde beständig von einer Generation zur nächsten weitergegeben und das Volk der Cetra bildete sich heraus. Dieses hatte eine besondere, von anderen Menschen abgesonderte Kultur, und eben diese war es, welche die Cetra ihre Begabung entfallten ließ. Ohne umgebende Kultur kann sich ein Cetra nur eingeschränkt diese Fähigkeiten zu Nutze machen, wie man an Aerith sieht.
Darüberhinaus lässt sich sagen, dass die Anlangen zu diesen Fähigkeiten bei allen Menschen vorhanden sind, wenn auch nicht so charakteristisch wie beim Volk der Cetra. Durch hartes Studium (wie etwa Bugenhagen) kann jedoch jeder Mensch diese Fähigkeiten in sich freilegen. In ihrer höhsten Form kommen sie aber nur zur Ausprägung, wenn die Person sowohl genetisch (Abstammung von einem Cetra) als auch kulturell (Leben bei einem cetraen Stamm) zu den Cetra gehört.
Ich bin mir im Klaren darüber, dass dies in unserer Welt so wie oben beschrieben nicht stimmig wäre, aber immerhin ist Final Fantasy VII ja auch „nur“ ein Fantasy-Rollenspiel und ständig alles mit der echten Welt zu vergleichen, bringt einen auch nicht weiter. Innerhalb der Phantasie-Welt Gaia halte ich das oben geschriebene für richtig.
Blick nach Japan
Im japanischen Original werden sie übrigens sowohl „se-to-ra“ genannt –– was nichts anderes als Cetra bedeutet –– als auch „ko-dai-shu“. „Kodaishu“ bezeichnet eine ethnische Gruppe (Ethnie), aber auch eine Nation, ist also scheinbar dem deutschen Begriff „Volk“ recht ähnlich. Das englische „people“ kann dies nicht widergeben, da mit diesem ein „Staatsvolk“, aber nicht (unbedingt) eine Ethnie gemeint ist.
Im Deutschen also von einem „Alten Volk“ zu sprechen ist sicher die beste Möglichkeit, diesen Ausdruck sinnvoll zu übertragen und damit so ziemlich der einzige Fall, wo die deutsche Übersetzung von Final Fantasy VII gelungener als die englische ist.
Warum die Cetra keine Raumfahrer waren
Einer der größten Irrtümer (dem leider auch Brittenham verfallen ist) über das Alte Volk ist die Annahme, sie seien Raumfahrer gewesen, die von Planet zu Planet reisten, ihn kultivierten und dann zu einem anderen Planeten weiterreisen würden. Nach dieser Annahme wären die Cetra quasi der Gegenentwurf zu dem Wesen JENOVA, welches von Planet zu Planet reist um sie zu zerstören. Auf den ersten Blick also eine sinnvolle Annahme, die zu dem durch folgende Szenen im Spiel gerechtfertigt werden kann:
In der Nibelheim-Villa erzählt Sephiroth:
Dieser Planet gehörte ursprünglich den Cetra. Die Cetra waren ein Nomadenvolk. Sie zogen umher, ließen sich auf dem Planeten nieder und zogen wieder weiter…
Sie ließen sich also scheinbar nicht in verschiedenen Ländern des Planeten nieder, sondern auf verschiedenen Planeten. Sonst hätte es gehießen, „ließen sich in verschiedenen Ländern auf dem Planeten nieder“.
Ein weiterer Fall ist ein Gespräch mit Aerith im Tempel des Alten Volkes, wenn sie von dem Wächtergeist erzählt:
Dies sind die spirituellen Körper der Alten. Sie sind lange Zeit von ihrem Planeten fort gewesen, um diesen Tempel zu schützen.
Zugegeben, dies klingt so, als sei der Cetra-Wächter von einem anderen Planeten rekrutiert worden, um nun auf Gaia auszuhelfen. Doch wenn sie wirklich durch das Weltall fliegen, bräuchten sie doch Raumschiffe, nicht wahr? Auch darüber haben sich die Erfinder dieser Hypothese Gedanken gemacht. So sieht man in „Bone Village“, der Ausgrabungsstelle, ein Flugzeug, welches nicht von ShinRa zu stammen scheint. Ist dies ein Zeichen, dass die Cetra Raumschiffe besaßen? Andere meinen dagegen, dass die Cetra gar keine Raumschiffe nötig hätten, sondern durch „Sternentore“ reisen würden, was man sich ähnlich wie Clouds Reise durch den Lebensstrom, am Ende des Spiels, vorstellen solle.
Obwohl also Indizien vorhanden sind, dass die Cetra Raumfahrer gewesen sein könnten, kann dies zweifelsfrei widerlegt werden. Werfen wir mal einen Blick auf die Fakten:
Aerith, Nachfahrin einer Cetra und letzte Angehörige dieses Volkes, erklärt entschieden:
Die Cetra wurden aus dem Planeten geboren.
Die Wörter „Planet“ und „Land“ werden im Spiel fast synonym verwendet. Sephiroth sagt einmal: „Wer dieses Wissen besitzt, kann frei über die Kräfte des Landes und des Planeten verfügen.“
Wenn man davon ausgeht, dass „Land“ und „Planet“ in Final Fantasy VII eine identische Bedeutung haben, dann ist Sephiroths Aussage nur unklar formuliert, bzw. falsch übersetzt. Gemeint sind eben, dass die Cetra diesen einen Planeten und sein Land besiedelten, von dem sie abstammten, aber nicht, dass sie von Planet zu Planet reisen. Auch Aerith’ Erklärung, die Alten waren „von ihrem Planeten“ weg, bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie nun auf einem fremden Planeten sind, sondern dass sie für ihre Aufgabe aus dem Lebensstrom (der wahren Gestalt des Planeten) entfernt wurden, also darum von „ihrem Planeten“ fort sind. Durch das „Ihr“ Planet wird die besondere Beziehung der Cetra zu Gaia verdeutlicht.
Festhalten kann man also, dass die Aussagen, die für die Cetra als Raumfahrer sprechen, nicht zweifelsfrei bestätigt werden können und dass ihnen gegenüber die direkte Angabe steht, dass die Cetra die ursprünglichen Bewohner von Gaia sind und von Gaia geboren wurden.