Eine Kritik an der Brittenham-Interpration…
Einleitung
Die vermutlich wichtigste und maßgeblichste Final Fantasy VII-Interpretation, wie relevant ist sie heute eigentlich noch? Was Brittenham alles (an-) gedeutet hat – sei es bezüglich der wahren Natur Jenovas, der Rückkehr von Aerith in Clouds Herzen oder dem Ende des Spiels – und was andere aufgegriffen und weitergeführt haben (auch von mir), letztlich hat es sich als falsch erwiesen. Advent Children zeigt deutlich, dass die Menschheit überlebt hat und ein neues Buch namens „Ultimania Omega“ verrät die Intention der Entwickler, als sie die Geschichte von FFVII schrieben und stellt plötzlich alles auf den Kopf. Oder eigentlich, es schreibt den „richtigen“ und „offiziellen“ Weg, den Brittenham eben nicht kannte und nicht gehen konnte, der aber schon immer galt. Auch bei CetraConnection können wir uns diesen –– für uns –– neuen Entwicklungen nicht verschließen. Das bedeutet, ab sofort weniger spektakuläre Enthüllungen, alles etwas schlichter und sachlicher, eben näher an der Meinung der Entwickler und am Spiel selbst. Insofern stellt dieser Artikel auch auf jeden Fall ein Stück Selbstkritik dar.
Distanz zum Spiel
Was man Brittenham auf jeden Fall vorwerfen kann, ist seine Distanz zum eigentlichen Spiel. Bei Brittenham kommt es leicht so rüber, als sei alles und jeder in FFVII falsch und stets genau das Gegenteil von dem, was es zu sein scheint. Für einen guten Teil des Spiels, den wir aus der Perspektive des verwirrten Clouds verfolgen, trifft das auch zu. Dennoch, das Spiel ist unser einziger handfester Bezug zur Geschichte von Final Fantasy VII und ab einem gewissen Punkt kommt eine Aufklärung der Dinge, auf die man sich beziehen muss und die man nicht für falsch erklären kann. Sicher greift FFVII Elemente aus diversen Mythologien auf, aber es vermischt und verändert sie auch. Die Legenden darf man –– natürlich nur in Bezug auf VII — nicht ernster nehmen, als das eigentlich Spiel und bei Abweichungen kann man nicht meinen, dass FF VII absichtlich verfälscht wurde und die echte Legende einen Hinweis gibt, wie FF VII „in Wirklichkeit“ ist. Oder zu sein hat. FFV II benutzt eben Elemente aus der Kaballah, aber es ist NICHT die Kaballah, d.h. nirgendwo steht, dass FFV II die geborgten Namen und Ideen auch so verwendet, wie in der echten Mythologie.
Solche Überlegungen, wie Brittenham sie anstellt, haben natürlich ihre Faszination für sich, aber man läuft Gefahr, irgendwann bloße Hinweise und Andeutungen als unumstößliche Beweise hinzustellen und sich in höheren Spähren von Kaballah und Edda zu verlieren.
Wo bleibt die Aussage?
Alles was Brittenham schreibt, wirkt erstmal interessant und unglaublich beeindruckend. So z.B. seine Zahlenrechnungen. Doch irgendwann wird diese Thematik von ihm überdehnt und fast schon lächerlich –– darum war gerade die Numerologie immer ein Hauptangriffspunkt seiner Arbeit. Denn, was sagt er eigentlich damit aus? Wo ist der Sinn der Rechnungen? Nichts von der Handlung von FFVII wird klarer, wenn man von der Anzahl der Monster im Spiel die Quersumme berechnet und dann eine Drei erhält. Bestenfalls zeigt dies, dass die Entwickler gut mit Zahlen umgehen können.
Nicht ganz zu Unrecht behaupten Kritiker von Final Fantasy VII, dass die ganzen Analysen über das Spiel nicht klarer machen sollen, worin die Handlung besteht, sondern nur die Genialität der Macher beweisen sollen.
… und eine Selbstkritik
Was wir falsch gemacht haben
Ganz so abwegig ist das nicht. Und so dürfen wir, als Brittenham-Nachfolger, uns nicht darüber wundern, dass wir uns unbemerkt immer weiter vom Kern des Spiels entfernt haben und nun mit unseren Analysen feststellen müssen, dass wir ziemlich daneben liegen. Meiner Meinung ist es so auch zu erklären, dass heute die abwegigsten Vermutungen über FFV II kursieren. Diese werden immer öfter (vereinfacht gesagt) so gerechtfertigt, indem man per se alles für falsch erklärt, was Squaresoft seine Figuren sagen lässt und stattdessen diese Aussagen umkehrt und wo nötig, mit der eigenen Phantasie ergänzt.
Dies ist natürlich auch irgendwo gewollt. Man soll ja gerade mit seiner eigenen Phantasie die Lücken in den FF-Spielen ausfüllen. Aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt. Und für die Analyse-Arbeit ist ist dies der falsche Weg, denn so erhellt man zwar für sich persönlich die dunklen Stellen in der Geschichte von FF VII, aber dies hilft nicht dabei weiter, überhaupt erstmal die Grundzüge zu verstehen. Darum sollten zukünftige Analysen wieder mehr mit Fakten denn mit Spekulationen arbeiten. Und da ist Brittenham -– bei allem Respekt vor seiner Arbeit –– nicht das beste Beispiel. Auch die vielen, eigentlich schon groben, sachlichen Fehler — er machte die Cetra zu Raumfahrern, Tifa trägt angeblich Männerkleidung, etc. — verwirren unerfahrene Spieler nur zusätzlich. Wir „Experten“ haben angesichts dieser sonst fantastischen Interpretation leicht über solche kleinen Schnitzer hinweggesehen, was vermutlich ein Fehler war. Ein noch größerer Fehler war, dass basierend auf Brittenham Spekulationen in die Welt gesetzt wurden, die einfach keinerlei Wert haben.
Die Relevanz, das Standardwerk für jeden Fan von Final Fantasy vII zu sein, würde ich dieser Interpretation nach heutigem Stand absprechen.
Trotzdem…
Trotzdem ist Brittenham natürlich immer noch lesenswert. Gerade auch die jüngeren, die FF VII jetzt zum ersten Mal spielen, sollten ihn gelesen haben und sei es nur, um sich zu wundern, welche Theorien die etwas älteren über dieses Spiel hatten und womit sie sich all die Jahr beschäftigten. Und falsch ist natürlich nicht alles. Vielmehr ist es eine zweite Perspektive. Denn, die Hinweise und Andeutungen existieren und können verschieden ausgelegt werden. So wollen es auch die Entwickler, die ihre Spiele nicht so eindimensional wie manchen Hollywood-Film gestalten möchten, in denen „der eine“ Blickwinkel aufgezwungen wird, sondern die verschiedene Betrachtungsweisen erlauben.
Fazit
Das heißt für die Zukunft; weg davon, mit einer Interpretation einen universalen Anspruch auf „das wahre Geheimnis hinter FFVII“ erheben zu wollen, weg davon, Hinweise als Beweise darzustellen und nicht mehr den Fehler machen, die einzige Grundlage, das Spiel, von vorneherein als „falsch“ zu erklären. An dieser Stelle kann Brittenham doch Vorbild sein. Ganz bewusst hat er nur einzelne Elemente herausgegriffen und zu einer in sich geschlossenen Interpretation geformt. Alles in eine Interpretation zu werfen und dann irgendetwas rausbekommen, das nicht da ist? Ich glaube nicht mehr, das dies möglich ist. Darum lieber kleine Einheiten analysieren und bißchen den Weg erhellen, als eine ganze Flutlichtanlage von einer Interpretation bauen zu wollen.
Die Brittenham-Interpretation nach der Compilation. Standardwerk? Nein! Immer noch wichtig? Auf jeden Fall!