Interview mit Tetsuya Nomura

Info

In der 1224. Ausgabe der Famitsu erschienen zwei Interview-Specials mit Yoshinori Kitase (FF VII Director) und Tetsuya Nomura (FF VII Character Director & Battle Visual Director), in denen sie anlässlich des 15th Anniversary of Final Fantasy VII über den Entwicklungsprozess plaudern und einen interessanten Einblick in ihre Rollen bei der Produktion geben.

Lest im Folgenden das Interview mit Tetsuya Nomura, übersetzt von Vanille und Maggot aus dem Englischen von TheLifestream.net. Das Interview mit Yoshinori Kitase findet ihr hier.

FFVII15th_Famitsu_Interview_Nomura

[Von Vanille]

Wandlung der visuellen Aspekte

Famitsu | Was war das Wesentlichste, was sich von Final Fantasy VI zu Final Fantasy VII geändert hatte?

Nomura | Ich denke, es war das Nutzen von Polygonen. Der Unterschied in der Größe der Charaktere zwischen dem Battle Screen und dem Field Screen lässt zwischen FF VI und FF VII eine Lücke entstehen. Dieser Prozess des Ausprobierens ist für mich erinnerungswürdig.

Famitsu | Ich hörte, dass Sie zu dieser Zeit in die Richtung der Pixelgrafiken oder 3D gehen konnten. Was waren Ihre Gedanken dazu?

Nomura | Ich kümmerte mich ursprünglich um die Pixelgrafiken, deshalb dachte ich, wenn es keine Pixel mehr gäbe, auch meine Arbeit weg wäre [lacht]. Später übte ich mich, ein wenig CD* zu lernen, aber ich ging dann doch eher in Richtung Design und Regie, anstatt als Modelleur zu arbeiten.

*[CD steht für „Collision Detection“ (dt.: Kollisionserkennung). Wiki: Es wird in der Algorithmischen Geometrie das Erkennen des Berührens oder Überlappens zweier oder mehrerer geometrischer (starrer oder deformierbarer) Objekte im zwei- oder dreidimensionalen Raum verstanden. Kollisionserkennungsmethoden werden beispielsweise bei der Bildgenerierung von Animationsfilmen, in physikalischen Simulationen, bei Computerspielen und zur Pfadplanung in der Robotik eingesetzt.]

Famitsu | Die FF-Serie war ja zuvor besonders für Herrn [Yoshitaka] Amanos Illustrationen bekannt. Fühlten Sie sich deshalb unter Druck gesetzt, als nun auf Ihre Illustrationen der Hauptfokus gelegt wurde?

Nomura | Ich hielt meine Zeichnungen stellvertretend für die Pixelgrafiken der vorherigen Spiele, so stand ich weniger unter Druck.

Famitsu | Sie verstehen ihre Zeichnungen als Pixelgrafiken?

Nomura | In der gesamten Final-Fantasy-Serie glichen sich Herrn Amanos Illustrationen und die pixeligen Charakterdesigns nicht unbedingt. Ich persönlich betrachtete die Illustrationen und Pixelgrafiken als verschiedene Kategorien. Ich war für die Pixelgrafiken zuständig, deshalb betrachtete ich mich nicht als jemanden, der mit Herrn Amano auf einer Stufe stand oder seine Aufgabe übernehmen sollte. Das Unternehmen entschied aus rechtlichen Gründen, meinen Namen in den Vordergrund zu rücken. Ursprünglich gab es solche Pläne überhaupt nicht einmal.

Die Tragödie um Aerith und die Geburt von Tifa

Famitsu | Es war offensichtlich Herr [Hironobu] Sakaguchi, der Sie für FF VII auswählte, doch wie kam es dazu?

Nomura | Bevor ein Final-Fantasy-Titel in Produktion geht, macht sich natürlich jeder seine Pläne unabhängig von seinem Bereich. Während jeder am PC geschriebene Textdokumente einreichte, waren meine per Hand geschrieben und enthielten zudem Illustrationen. Da ich zuvor Werbegestaltung studiert hatte, behielt ich im Kopf, wie man Leute dazu bringt, etwas lesen zu wollen. Herr  Sakaguchi fand diese Illustrationsvorschläge amüsant. Eines Tages sagte er: „Lasst Tetsu die Charaktere zeichnen”. Es begann mit gemalten Abbildungen für FF VI.

Famitsu | Nur weil Ihre Vorschläge amüsant waren?

Nomura | Bis zu diesem Punkt hatte ich noch nie viele Vorschläge eingereicht, deshalb denke ich nicht, dass dies der Grund war (lacht). Ich denke, er mochte einfach die Illustrationen, welche bei den Vorschlägen dabei waren.

Famitsu | Als entschieden war, dass Sie die Illustrationen entwerfen, waren da die Welt und Charakterdetails bereits festgelegt?

Nomura | Es gab eine Handlung für die Story und ich zeichnete darauf basierend. Im Verlaufe der Zeit engagierte Herr Sakaguchi Herrn [Yoshinori] Kitase für die Produktion und von diesem Punkt wurde die ursprüngliche Handlung verworfen und wir fingen von Null an. Ab da war auch ich integriert, an der Handlung, wie sie heute im Spiel zu finden ist, mitzuwirken und begann während des Zeichnens über Charakter- und Story-Details nachzudenken. Zunächst war Herr [Kazushige] Nojima noch im Bahamut-Lagoon-Team, daher verfeinerten Kitase und ich die Ausarbeitung.

Famitsu | Stand Aeriths schockierende Todesszene zu dem Zeitpunkt bereits fest?

Nomura | Ich schlug Kitase vor, entweder Aerith oder TIfa sterben zu lassen und es wurde beschlossen, dass wir in die Richtung gehen würden.

Famitsu | Waren schon zu Beginn zwei Heldinnen geplant?

Nomura | Nein, eigentlich war nur Aerith vorgesehen und Tifa wurde später als zweite Heldin hinzugefügt. Da Aeriths Tod beschlossen war, brauchten wir eine zweite Heldin, die bis zum Ende an der Seite des Helden bleiben sollte. Außerdem wollten wir durch Aeriths Tod, im Gegensatz zu in anderen Final-Fantasy-Teilen verstorbenen Charakteren, eine andere Herangehensweise ausprobieren. Mit dem Hervorbringen eines Gefühls des Verlustes durch Aeriths Tod wollten wir zudem das Thema von Final Fantasy VII hervorheben, welches „Leben“ ist.

Famitsu | Es folgte ja letztendlich eine andere Reaktion als ihren Tod, als bei Charakteren in vorigen FF-Spielen. Gab es noch andere Aspekte, auf die man bei der Story einen Fokus legte?

Nomura | Ich wollte eine Story, in der Sephiroth verfolgt werden sollte. Eine, in der es einen SOLDATen gab, der einst ein Held war und den nun die Helden verfolgten. Das Nachjagen eines wandernden Feindes gab es zuvor noch nicht und ich dachte, dass es die Story straffer voranbrächte.

[Von Maggot]

Die Beziehung zwischen den ursprünglichen Konzepten und der Gestaltung

Famitsu | Gab es Charakterdesigns, mit denen Sie sich abgemüht haben?

Nomura | Zu Beginn dachte ich, dass es für Cloud besser wäre, nicht zu viele Polygone zu verwenden, deshalb gab ich ihm nach hinten gekämmte Haare. Allerdings sah er für mich so nicht wie ein Hauptcharakter aus, sodass ich seine Frisur wieder änderte.

Famitsu | Haben Sie schon während der Gestaltungsphase über die Anzahl der Polygone nachgedacht?

Nomura | Als ich darüber nachdachte, versuchte ich so unvernünftig wie möglich zu sein. Ich dachte, das wäre nötig, um Dinge zu tun, die noch niemand anderes getan hat. Zum Beispiel war es zu der Zeit sehr schwer, Aeriths Kleid aus Polygonen herzustellen. Aber ich glaubte, dass das Nachdenken darüber, wie man die Bewegungen natürlich aussehen lassen kann, zu einer Verbesserung der Fähigkeiten und des Rendering führt.

Famitsu | Es muss auch schwer gewesen sein, Sephiroths lange Haare zu programmieren.

Nomura | Richtig. Ich wollte einen hohen Kontrast zwischen der Gestaltung von Cloud und Sephiroth schaffen. Blond und Silber, kurz und lang.

Famitsu | Damals in einem Interview mit unserer Zeitung sagten Sie, dass die Darstellung von Cloud und Sephiroth auf „Musashi [Miyamoto] und Kojiro [Sasaki]“* basiert.

Nomura | Ja. Speziell die Waffen und das Thema das „Kräftemessens“ der beiden basiert auf Musashi und Kojiro.

*[Musashi und Kojiro waren berühmte japanische Samurai, die sich am 13. April 1612 ein erbittertes Duell lieferten.]

Famitsu | Gab es noch andere Abschnitte, an denen die Handlungskonzepte und gedanklichen Bilder stark in der Gestaltung zum Ausdruck kamen?

Nomura | Zu Beginn sollten Sephiroth und Aerith Bruder und Schwester sein, also gab ich ihnen einen ähnlichen Pony. Diese Idee wurde in der frühen Phase verworfen, die Ponys allerdings blieben [lacht]. Ich denke, dass die ursprüngliche Idee, dass die beiden Geschwister sind, dadurch ersetz wurde, dass Sephiroth Aeriths erste Liebe war. Letztendlich dachte sich Nojima Zack aus und alles war miteinander verbunden.

Weiß ist die Imagefarbe von Final Fantasy

Famitsu | Waren Sie sich damals bewusst, in welchem Ausmaß FF VII Einfluss auf die Menschen hat?

Nomura | Das Internet war damals noch nicht weit verbreitet und man hatte keinen Zugriff auf die Meinung einer großen Anzahl von Menschen, also hatte ich wirklich keine Ahnung, wie es [Final Fantasy VII] von der Öffentlichkeit aufgenommen wurde. Als das Release jedoch näher rückte, wurden viele Werbespots im Fernsehen gezeigt, was einem ein Gefühl für das Ausmaß der Dinge gab.

Famitsu | Es gab etliche Varianten an Werbespots, richtig?

Nomura | Unter diesen Werbespots war einer, welchen Kyle Cooper bearbeitet hat. Dieser war wirklich cool und hatte Einfluss auf mich, sodass ich sah, wie verschiedene Bearbeitungsmöglichkeiten solch unterschiedliche Eindrücke entstehen lassen können.

Famitsu | Also kamen die momentanen High-Quality-Trailer wegen eines Werbespots zu Final Fantasy VII zustande?!

Nomura | Nein [lacht]. Es gibt einen außenstehenden Schnitt-Direktor, der eine lange Zeit mit uns zusammenarbeitete, aber die gegenwärtigen Trailer wurden mit ihm erstellt.

Famitsu | Ich verstehe. Das neuartige Design für die Verpackung des Spiels, lediglich das Logo auf einem weißen Hintergrund, welches auch für die zukünftigen Teile der Serie übernommen wurde, ist ebenfalls besprochen worden.

Nomura | Vieles von dem geht auf [Tadashi] Nomura zurück, welcher die Werbung für Final Fantasy VII leitete. Eigentlich sprachen wir darüber, den Schriftzug aus dem Logo zu entfernen und nur das Bild des Meteors, welches [Yoshitaka] Amano gezeichnet hat, auf dem Cover zu zeigen. Damit die Menschen erkennen, dass es sich dabei um Final Fantasy VII handelt. Ich dachte, das ist sicherlich cool, doch es ließ sich nicht gut bewerkstelligen. Dass der Hintergrund weiß ist, geht darauf zurück, dass Sakaguchi sagte, dass das Image von Final Fantasy weiß ist.

Famitsu | Also gab es selbst für die Verpackung eine Menge Ideen. Übrigens habe ich gehört, dass Sie auch in die Überwachung der Werbung und des Merchandise involviert sind?

Nomura | Das stimmt. Zu der Zeit war ich mir nicht sicher, wie viel ich machen soll, also endete ich dabei, alles Mögliche zu malen, wie zum Beispiel Rohskizzen für Plüschtiere und Ähnliches [lächelt gequält]. Ich denke, es ist eben deswegen, weil ich nicht wusste, dass ich in der Lage bin, alles auszuprobieren. Mit FF VII begann ebenfalls meine Mitarbeit an der Werbung. Obwohl ich Informationen über FF VII preisgab, was ich eigentlich nicht hätte tun sollen, und obwohl ich Schwierigkeiten machte, noch bevor ich die Bestätigung bekam. Nachdem ich begann, so mitzuarbeiten, war ich ebenfalls in der Lage, mit deren Öffentlichkeitsarbeit zu kooperieren und ich denke ich habe es geschafft, ihnen den Zweck der Entwicklung zu erklären. Es war vor allem spaßig, in der Lage zu sein, das gemeinsam zu tun.

Energie aus Unwissenheit

Famitsu | Welchen Eindruck haben Sie jetzt, wenn sie auf die Produktionszeit von FF VII zurückblicken?

Nomura | Wir sind hauptsächlich vorangestürmt, ohne zu wissen, was wir tun können und was nicht. Und deswegen denke ich, konnten wir so viel Energie entwickeln und jedermanns Ideen mit einbringen. FF VII kam zustande, da wir rücksichtslos genug sein konnten, um Spiele in dieser Art zu entwickeln. Für mich persönlich war es das erste FF, für das eine Vielzahl meiner Ideen aufgegriffen wurde, es hat also viel Spaß gemacht.

Famitsu | Aber vorher haben Sie nicht nur die Pixelgrafiken entwickelt, sondern auch Vorschläge unterbreitet, richtig?

Nomura | Ich habe Ideen für FF V und FF VI vorangetrieben, aber diese waren wirklich nur ein Teil des Ganzen. Anders als FF VI, wo ich durch die Einbindung eines Ninjas und eines Glücksspielers mit der Entwicklung der Geschichten für Shadow und Setzer beauftragt wurde, war FF VII das erste FF, in das ich von Grund auf involviert war. Vorher habe ich meine Meinung einigen wenigen Leuten wie z.B. Kitase vorgetragen, also war es interessant, in der Lage zu sein, meine Vorschläge offen zu präsentieren.

Famitsu | FF VII ist ein Spiel, welches von den Fans nunmehr 15 Jahre unterstützt wird. Welches Gefühl haben Sie für die FF-Serie?

Nomura | Ich erinnere mich noch sehr genau, was Herr Sakaguchi zu der Zeit über FF sagte. Es gibt niemanden, der das den neuen Mitarbeitern vermitteln könnte, also möchte ich Kitase bitten, dass er das macht [lacht]. Ich beobachtete genau, wie Sakaguchi Kitase mit der Leitung der Entwickleretage beauftragte und persönlich denke ich, dass Kitase der wahre Erbe von FF ist. Außerdem hat FF eine große Bedeutung, weil es ein Titel ist, der durch die Hände vieler Leute und nicht nur durch die eines einzelnen ging. Kingdom Hearts zum Beispiel hat immer die gleichen Hauptcharaktere und die Geschichte geht weiter, aber der Fakt, dass FF „jedes Mal anders ist“, kann eine große Hürde sein. Aber das ist genau der Grund, warum ein neues FF die aus der Vergangenheit immer übertreffen muss, selbst ein FF VII, welches von den Spielern über eine lange Zeit unterstützt wurde und für das viele auf ein Remake hoffen. Aber im Moment möchten wir die Priorität auf neue Titel setzen und unser Bestes geben, um diese zu einem FF VII oder etwas noch Größerem zu machen.

Anmerkungen

Yoshitaka Amano | Artwork & Logo Designer

Hironobu Sakaguchi | Produzent und Serienschöpfer von Final Fantasy

Yoshinori Kitase | Direktor von Final Fantasy VII

Kazushige Nojima | Szenarioschreiber von Final Fantasy VII

Kyle Cooper | Videoproduzent, welcher den Vorspann für Filme wie Se7en oder Mission: Impossible produziert